Schädling im Obstgarten: 2.000 Bäume müssen gerodet werden

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Johann Plemenschits beklagt, dass Österreich bei Pflanzenschutzmitteln innerhalb der EU päpstlicher als der Papst ist. Das werde immer mehr zum Wettbewerbsnachteil und befeuere das Sterben der (Obst)-Bauern.

Johann Plemenschits ist seit 40 Jahren Obstbauer im mittelburgenländischen Klostermarienberg. Immer wieder hatte der heute 62-Jährige in seinen Kulturen mit Virosen, von Viren verursachten Pflanzenkrankheiten, zu kämpfen.

Jetzt ist es aber besonders arg. Plemenschits, der an Abhängen des Günsergebirges insgesamt 20 Hektar bewirtschaftet, muss rund 2.000 Bäume in der kleinsten seiner Plantagen roden. 

Und zwar ratzeputz. Die Bäume werden umgeschnitten, die Wurzeln ausgegraben, das  Holz wird gehäckselt und verbrannt. Anders ist dem Besenwuchs nicht beizukommen. Der Landwirt muss die Bäume - und damit auch deren Ertrag - fünf Jahre vor dem wirtschaftlichen Ablaufdatum abschreiben. 

"Das ist ein schwelendes Problem", bestätigt Martin Tobler, in der Landwirtschaftskammer für Pflanzenschutz zuständig. Er wisse, dass etwa der Familienbetrieb Nikles in Kukmirn ähnliche Probleme habe. Auch extensiv genutzte Flächen wie Streuobstwiesen können betroffen sind, so Tobler. 

Rund um Österreich sei vor allem Südtirol besonders betroffen. Die Gründe für den Vormarsch des Schädlings seien vielfältig: Die Vegetationszeit werde immer länger, frostige Winter immer kürzer, all das begünstige die Vermehrung der Schädlinge. 

Was Plemenschits fast noch mehr wurmt als der Verlust seiner Bäume ist das Fehlen von Gegenmitteln. Sobald die Bäume befallen sind, ist nichts mehr zu machen. Unterbunden werden kann nur die Übertragung. Aber dafür fehlten die Insektizide. In den vergangenen fünf Jahren habe es keinen Antrag auf Zulassung neuer Wirkstoffe oder Produkte gegeben. Das bestätigt auch Tobler: "Der Werkzeugkasten wird immer leerer".

"Strengerer Maßstab als für Medikamente"

Man wolle ja zielgerichtete Stoffe und keine Mittel, die "alles wegräumen, auch die Nützlinge", verwehrt sich Plemenschits gegen Vorwürfe von Umweltschutzorganisationen. Wenn die Zulassung von Medikamenten für den Menschen nach den gleichen Kriterien wie Pflanzenschutzmittel erfolgte, "gäbe es nur 20 Prozent der Medikamente", sieht Plemenschits unnötige Hürden für die Landwirtschaft.

Dass Österreich beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln innerhalb der Europäischen Union Musterschüler sein wolle, hält Plemenschits für einen Schuss ins eigene Knie. Landwirte aus anderen EU-Ländern könnten viel mehr Pestizide einsetzen als heimische Bauern, "aber im Supermarktregal stehen die Produkte dann nebeneinander", beklagt der Klostermarienberger, der auch Präsident des burgenländischen Obstbauverbandes ist, unfairen Wettbewerb.

Die Folge: Die österreichische Gesamtobstfläche ist zwischen 2017 und 2023 um 14 Prozent gesunken, die Zahl der Betriebe um 19 Prozent. Im Burgenland gibt es noch rund 550 Hektar ertragsfähige Flächen. 

Womit wir schon bei der Politik wären: Fühlt sich Obstbauer Plemenschits von der grünen Landeshauptmannstellvertreterin Anja Haider-Wallner, die u. a. für Agrar, Naturschutz, aber auch für den Kampf gegen unlauteren Wettbewerb zuständig ist, gut vertreten?

Viele Notizen gemacht, aber nimmt Politik auch Notiz von Bauern?

Der Obstbauverband sei schon bei Haider-Wallner gewesen, erzählt Plemenschits. "Wir wurden freundlich empfangen und eine Mitarbeiterin der Vizelandeshauptfrau hat unsere Anliegen auf drei A-4-Seiten aufgeschrieben. Er habe auch angeboten, bei der Umsetzung der Renaturierungsverordnung der EU von Anfang an mitzuarbeiten, damit eine Lösung herauskomme, die für alle zufriedenstellend sei. 

Man  werde sehen. 

Vor Kurzem hat Plemenschits den Betrieb an seine beiden Söhne Johannes und Peter übergeben. In zwei Jahren feiert der 1957 von Plemenschits` Vater gegründete Obstbaubetrieb das 70-Jahr-Jubiläum. 

Ob er glaubt, dass seine Söhne den Betrieb in einigen Jahrzehnten an seine Enkelkinder weitergeben können? Plemenschits senior würde dafür nicht die Hand ins Feuer legen.

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