Psychisch kranke Straftäter am Friedrichshof? Land und Anrainer wehren sich

Das Burgenland lehnt Pläne ab, auf dem Areal des Friedrichshofs in Zurndorf (Bezirk Neusiedl am See) ab Oktober rund 30 psychisch kranke Straftäter unterzubringen. Weder die Gemeinde noch das Land seien über das Projekt informiert worden. Man werde nun „Schritte einleiten“, um dieses zu verhindern, betonte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) am Freitag per Aussendung: „Dieses Projekt wird es mit uns nicht geben.“
Die Organisation Agora soll planen, ab 1. Oktober psychisch kranke Straftäter im ehemaligen Hotel-Restaurant Friedrichshof nachzubetreuen. Agora betreibt derzeit an acht oberösterreichischen Standorten sozialpsychiatrische Wohnprojekte. Ziel sei die teilweise oder vollständige Resozialisierung der Klienten und Klientinnen. Die Organisation war am Freitagnachmittag nicht erreichbar.
„Wir wurden überrumpelt. Ich lehne das geplante Projekt entschieden ab“, betont Zurndorfs Bürgermeister Werner Friedl (SPÖ). Laut Aussendung überlassen die Eigentümer des Friedrichshofs Teile der Liegenschaft der gemeinnützigen Genossenschaft Agora.
Widmungsänderung?
Gemeinde und Land erwägen rechtliche und politische Schritte. Widmungsrechtliche Maßnahmen sollen gesetzt werden, um das Projekt zu verhindern.
Das Sozialministerium solle etwaige Förderungen wie Tagsätze stoppen. Wiedereingliederung von Täterinnen und Tätern sei wichtig, so Doskozil. In diesem Fall würden allerdings auf 200 Bewohner am Friedrichshof 30 ehemalige Maßnahmepatienten kommen. Dies sei „unverhältnismäßig“.
Auch Anwalt Andreas Schweitzer, der am Friedrichshof wohnt, hält den Ort für gänzlich ungeeignet: „Das ist ein Wohngebiet und kein Gefängnis“. Man möge sich auch überlegen, was passiere, wenn ein Klient das Weite suche. "Dann wünsche ich der Polizei viel Erfolg".
Schweitzer, aber auch die Sprecherin einer Bürgerinitiative von Anrainern, die bereits 130 Unterschriften gegen die Unterbringung gesammelt hat, verweist darauf, dass es sich "Straftäter handelt, die zumindest zwei Jahre Haft" ausgefasst hätten.
Wenn tatsächlich 31 Männer ins ehemalige Hotel einziehen sollten und sich auf dem gesamten Friedrichshof-Areal frei bewegen dürfen, würde sie ihre Enkelkinder nicht mehr alleine aus dem Haus lassen und sie selbst würde sich nicht mehr an den See trauen.
Als die Genossenschaft und Agora den Anrainern das Vorhaben präsentiert haben, "waren alle fassungslos", sagt die Sprecherin der Anrainer.
Jennifer Griemann, Geschäftsführerin der Friedrichshof Wohnungsgenossenschaft, die das leerstehende Hotel an Agora vermieten will, sagt zum KURIER: Erst die Eigentümerversammlung entscheide endgültig - noch vor Oktober. Agora sei auf sie zugekommen, zuvor habe man auch das Land drei Mal über den Leerstand informiert und eine Verpachtung angeboten - ohne Erfolg.
Insgesamt habe man mit 40 Interessenten gesprochen, um das Hotel mit 30 Zimmern zu verpachten und sogar zwei Jahre pachtfrei angeboten. Griemann: "Wir haben uns also wirklich sehr bemüht, jemanden zu finden".
Man habe sich dann eineinhalb Monate mit Agora beschäftigt und auch Erkundigungen bei Bürgermeistern eingeholt, in deren Gemeinden Agora schon Standorte hat. Tenor: Anfangs sei die Skepsis groß gewesen, mittlerweile störe die Anwesenheit von Agora-Klienten aber fast niemanden mehr.
Was Griemann, die erst seit Mai Geschäftsführerin ist, wundert: Zurndorfs Ortschef Friedl habe zunächst „neutral“ auf Agora reagiert, als sie ihm das Projekt vorgestellt habe. Jetzt sei er dagegen.
Griemann: "Da habe ich wieder was gelernt".
Am Freitagabend meldete sich Agora-Geschäftsführer Andreas Lef beim KURIER und zeigte sich betroffen über die massive Ablehnung, die zum Teil von "Fehlinformationen" - auch durchs Land - gespeist sei. Man wolle nicht zum politischen Spielball werden.
So habe Agora überhaupt keine Vertragsbeziehung zum Sozialministerium, sondern bekomme Aufträge von Gerichten oder Justizanstalten.
Es stimme auch nicht, dass 31 Männer kommen, sondern man wolle mit "fünf bis zehn Personen starten und sehen, wie sich das entwickelt". Geplant sei auch die Einbindung der Anrainer in Beiräten.
Die Menschen seien keine Schwerverbrecher, so Lef, und: Sie kämen aus dem Burgenland und hätten hier ihre Familien und Angehörigen. Burgenländische Straftäter in Oberösterreich reintegrieren zu wollen, wäre wenig zielführend, so der Agora-Geschäftsführer.
Er will nun das Gespräch mit dem Land suchen, um "all die Missverständnisse und Fehlinformationen aufzuklären".
Denn gegen massiven Widerstand vor Ort sei Reintegration schwierig.
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