Politikerin nimmt Auszeit, um "das Leben zu lernen"

Regina Petrik an der Kassa: „Hier hatte ich den größten Stress. Diese Arbeit erfordert volle Aufmerksamkeit, damit man nichts übersieht“
"Regina will‘s wissen" lautet das Motto von Regina Petrik. Dafür hat die Landessprecherin der Grünen ihren Job ein Jahr lang an den Nagel gehängt.

Joghurts einschlichten, Weckerl einpacken, Säfte pressen, an der Kassa sitzen. Regina Petrik hat in den letzten vier Wochen alle Arbeitsstationen eines Eisenstädter Supermarkts durchlaufen. Ihr Ziel: in einem Jahr zwölf verschiedene Jobs kennenzulernen, um danach "bessere Politik zu machen". Der Supermarkt ist bereits ihre zweite Station. Im März hat die Politikerin ehrenamtlich in der Pannonischen Tafel in Eisenstadt gearbeitet (der KURIER berichtete). "Ich will vor allem Stationen durchlaufen, in denen Frauen tätig sind und aus diesen Erfahrungen heraus dann Politik machen", sagt Petrik.

Fünf Uhr Tagwache

"Die härteste Umstellung war das frühe Aufstehen. Um fünf Uhr ging es los. Da wird die Ware von den Containern eingeschlichtet und alles vorbereitet. Um sieben Uhr muss alles fertig sein, denn dann kommen die ersten Kunden und wollen ihr Frühstück", erzählt die Landespolitikerin.

Stressresistenz musste sie gleich zu Beginn beweisen. "Mein erster Tag war in der Feinkost. Das war ein Hardcore-Einstieg, denn genau an dem Tag war Stelzentag. Also war noch mehr los, als an einem normalen Tag."

Danach standen Obst- und Gemüseabteilung, Milchabteilung, Kassa und schließlich auch noch das Restaurant auf ihrem Dienstplan. "Am stressigsten war es an der Kassa, denn man muss auf so viel schauen: dass nichts im Einkaufswagen bleibt, die Waren scannen, dazu die Aktionen im Kopf haben, denn einige muss man händisch eingeben und natürlich muss die Kassa am Ende des Tages auf jeden Cent genau stimmen."

Wertschätzung

Gestern hatte Regina Petrik ihren letzten Arbeitstag im Supermarkt. Auf ihrem Namensschild steht zwar Praktikantin, aber als die Politikerin durch die Abteilungen geht, merkt man, dass sie mehr als nur eine Aushilfe war. "Ich wurde so gut aufgenommen, es tut mir richtig leid heute zu gehen", sagt sie.

Für Petrik war es von Anfang an wichtig, in die Arbeit richtig einzutauchen, den Alltag der Mitarbeiterinnen kennenzulernen, ihnen Wertschätzung entgegenzubringen. "Politiker reden immer so, als ob sie alle Jobs kennen. Meist ist aber nicht viel dahinter", meint sie. Ihre Auszeit als Politikerin sieht sie daher als Weiterbildung. "Meine Motivation war, das Leben zu lernen, denn ich kenne zwar viel, aber eben nicht alles."

Die Arbeit im Supermarkt hat ihr gefallen, auf längere Zeit im Supermarkt zu arbeiten, könnte sie sich aber nicht vorstellen. "Ich habe es gerne gemacht, aber ich könnte es nicht jahrelang machen, weil mir das Gestalten fehlt." Das war auch ihre Antwort auf die Frage einer Mitarbeiterin, ob sie ihren Job als Politikerin als befriedigend erlebt. "Ja, denn durch meine Ideen und Gedanken kann ich zu Verbesserungen beitragen. Auch wenn es manchmal etwas länger dauert, bis es umgesetzt wird."

Schon morgen setzt Petrik ihr "Lehrjahr" in der Gastronomie fort. "Im Mai bin ich Kellnerin. Wirklich herausfordernd wird aber der Juli – als Pflegehelferin in Gols."

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