Asylheim-Bewohner niedergestochen: Haft

Der 29-Jährige wurde zu 20 Monaten bedingter Haft verurteilt.
Die Geschworenen entschieden beim Prozess in Eisenstadt auf versuchten Mord. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Weil er im Jänner in einer Unterkunft in Eisenstadt mit einem Küchenmesser einen Mitbewohner niedergestochen haben soll, ist ein 24-jähriger Asylwerber aus dem Iran am Dienstag vor Gericht gestanden. Ein Geschworenensenat verurteilte den Mann, der bestritt, in Tötungsabsicht gehandelt zu haben, wegen versuchten Mordes zu sieben Jahren Haft. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Vor Gericht schilderten der Angeklagte und das Opfer, ein 26-jähriger Mitbewohner, der mit ihm seit einem halben Jahr im selben Zimmer untergebracht war, das Geschehen auf unterschiedliche Weise. Der 24-Jährige gab an, dass es an dem Tag schon vorher drei verbale Auseinandersetzungen gegeben habe. Schließlich sei der 26-Jährige ins Zimmer gekommen, habe ihn an der Schulter gepackt und aufgefordert, mit ihm hinauszugehen. "Er hat gesagt, dass er es mir zeigen wird", schilderte der Angeklagte.

Er habe daraufhin ein Küchenmesser genommen und den Raum verlassen wollen, um ins Betreuerzimmer zu gehen. Doch der Kontrahent, vor dem er sich gefürchtet habe, weil dieser mehrfach in Schlägereien verwickelt gewesen sei, habe ihn am Verlassen des Zimmers gehindert. Er habe dann den Mitbewohner "zur Seite ziehen" wollen, "aber er ist nicht weggegangen". Da habe er die Kontrolle verloren: "Ich war so ängstlich, ich wusste nicht, was ich tue", schilderte der 24-Jährige. Er habe den anderen "von hinten mit dem Messer erwischt". Er habe jedoch nicht die Absicht gehabt, ihn zu verletzen, beteuerte der Angeklagte immer wieder.

Das Opfer sagte aus, dass er den 24-Jährigen zwar an der Schulter berührt, aber dann von ihm abgelassen habe und zu seinem Spind gegangen sei. Dort sei er vom Angeklagten in den Rücken gestochen worden und zu Boden gegangen. Schon beinahe liegend, habe der Andere nochmals auf ihn einstechen wollen. Dies habe er mit der Hand abwehren können und dabei am kleinen Finger einen Schnitt erlitten.

Messerstiche am Rücken

Laut der Gerichtsmedizinerin Elisabeth Friedrich war das 26-jährige Opfer von vier Messerstichen am Rücken getroffen worden. Die Klinge war, den Blutspuren nach zu urteilen, etwa 13 Zentimeter tief in den Körper eingedrungen. Der 26-Jährige trug drei Kleidungsstücke, das oberste war eine Winterjacke. Drei Stiche seien sehr nahe beieinander gelegen. Das Opfer habe eine lebensbedrohliche Verletzung erlitten. Weil durch die Stiche der Brustkorb eröffnet worden war, litt das Opfer zusehends unter Atemnot. Bei einer Drainage seien 900 Milliliter Bluterguss entleert worden.

Staatsanwalt Roland Koch bekräftigte im Schlussplädoyer seine Ansicht, dass der 24-Jährige wegen versuchten Mordes zu verurteilen sei. Das Opfer habe Stiche mit einem "riesigen Messer" - 30 Zentimeter lang, mit einer Klingenlänge von 20 Zentimetern - erhalten. "Der Angeklagte gibt zu, die Stiche geführt zu haben". Der 26-Jährige hingegen sei zum Zeitpunkt des Angriffs "völlig unbewaffnet" gewesen.

Der Angeklagte möge sich geärgert haben, weil ihn der Andere "ein wenig gezogen" habe und ihn aufforderte, gemeinsam vor die Tür zu gehen. Dies sei jedoch "kein rechtswidriger Angriff" gewesen. In diesem Fall sei nur Platz für eine Verurteilung wegen versuchten Mordes. "Das klingt zwar fürchterlich, aber das ist das einzig Richtige", sagte Koch in Richtung Geschworene.

Für das Gericht stelle sich die Frage: "Warum sticht jemand, der so besonnen ist, der so ruhig ist wie der Angeklagte, auf einen anderen ein", gab Verteidiger Gert Untergrabner zu bedenken. Seit sich sein Mandant und der 26-Jährige kannten, sei der 24-Jährige mehrfach unter Druck gesetzt und geängstigt worden.

Ein Tötungsvorsatz sei nicht gegeben gewesen, als der 24-Jährige zugestochen habe, sonst hätte er das Opfer von vorne angegriffen, argumentierte Untergrabner. Zeugen hätten ausgesagt, dass der 26-Jährige ihn davor durch das Zimmer geschliffen habe. Der Angeklagte sei aber "kein Messerstecher. Das hat das Opfer selbst gesagt."

Der 24-Jährige, der das letzte Wort hatte, zeigte sich reuig: "Mir tut es sehr leid, dass das passiert ist". Er habe nie die Absicht gehabt, den Mitbewohner zu verletzen und freue sich, dass es diesem, wie er heute sehen konnte, inzwischen wieder gut gehe.

Unbescholtenheit mildernd

Das Gericht folgte beim Schuldspruch dem Strafantrag. Mit den verhängten sieben Jahren Haft wurde die Mindeststrafe von zehn Jahren unterschritten. Die Vorsitzende des Geschworenensenats, Birgit Falb, begründete dies mit dem Überwiegen der Milderungsgründe, darunter bisherige Unbescholtenheit und dass es beim Versuch geblieben sei: "Erschwerend war kein Umstand", stellte sie fest.

Sowohl der Verteidiger als auch der Staatsanwalt gaben keine Erklärung ab. Der 24-Jährige brach, nachdem man ihm die Entscheidung des Gerichts übersetzt hatte, in Tränen aus. Die Vorsitzende trug zum Abschluss den Justizwachebeamten, die den Mann begleiteten, auf, besonders auf ihn zu schauen.

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