„Meine Tochter kam tot zur Welt“
Anna wurde vor wenigen Tagen vier Jahre alt. Vier lange Jahre, in denen die Eltern des kleinen Mädchens bereits durch die emotionale Hölle gehen. Denn Anna kam tot zur Welt, musste reanimiert werden und ist mehrfach schwerst behindert. Die Kleine leidet an einer spastischen Tetraparese (spastische Lähmung der Arme und Beine, Anm.) . Sie kann nicht sitzen, nicht greifen, nicht gehen, nicht einmal mit den Augen bestimmte Gegenstände fokussieren. Hinzu kommen noch epileptische Anfälle.
Was für ihre Eltern besonders schlimm wiegt, ist der Umstand, dass Anna heute ein gesundes Kind sein könnte, „wenn bei der Geburt im Krankenhaus Oberwart nicht so viel falschgelaufen wäre“, erklärt ihre Mutter.
Das gynäkologische Gutachten eines renommierten Gerichtssachverständigen bestätigt nun, dass die medizinische Behandlung und die Geburtsleitung nicht lege artis erfolgten, also nicht nach den anerkannten Regeln der Medizin. „Wäre der Kaiserschnitt rechtzeitig durchgeführt worden – laut Gutachter war das CTG bereits um 12.18 Uhr sehr auffällig – wären die Schäden für unsere Tochter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeblieben“, erklärt die 36-Jährige.
Annas Eltern ärgern sich, dass „es nun ein eindeutiges Gutachten gibt, das nicht ausreichend anerkannt wird und alle Beteiligten – Ärzte und Hebammen – ohne Konsequenzen ihren Dienst weiter versehen.“ Mehr als drei Jahre dauert nun schon der Rechtsstreit mit der burgenländischen Krankenanstaltengesellschaft (KRAGES) an. Im Februar hat das Gericht nun ein zweites Gutachten in Auftrag gegeben. Ein Neonatologe soll untersuchen, ob Anna schon vor der Geburt behindert gewesen sein könnte. Der KRAGES-Anwalt erklärt auf KURIER-Anfrage, dass die lange Verfahrensdauer nicht im Ermessen der KRAGES liege. „Es sind noch einige schwierige Fragen zu klären, wofür man weitere Gutachten braucht. Das muss man leider akzeptieren. Aber jeder, der Kinder hat, hat größtes Verständnis dafür, was die Eltern von Anna durchmachen und dass für sie das Verfahren sicher schon lange dauert“, sagt Anwalt Michael Wagner.
Kein Verständnis
Die Vorgehensweise der KRAGES ist für den Anwalt von Familie H., Gabor Maraszto, nicht nachvollziehbar. Denn der Behandlungsfehler sei durch den medizinischen Sachverständigen eindeutig dargelegt und seitens der KRAGES auch unwidersprochen zur Kenntnis genommen worden.
„Dass bei dieser Konstellation nach mehr als dreijähriger Verfahrensdauer keine wie immer gearteten Zahlungen seitens der KRAGES geleistet wurden, ist daher nicht nur vollkommen unverständlich, sondern trägt auch keinesfalls zum Wohl des Kindes bei. Sämtliche Aufwendungen mussten und müssen daher zur Gänze von den Eltern finanziert werden. Sie haben damit nicht nur mit dem persönlichen Schicksal, sondern auch mit den finanziellen Belastungen zu kämpfen“, sagt Maraszto.
Die Kindesmutter klagt vor Gericht für ihre Tochter Schmerzensgeld und den Gewährleistungsanspruch für die anfallenden hohen Pflegekosten ein. Anna hat eine normale Lebenserwartung. Sie braucht aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen eine 24-Stunden-Betreuung. „Es gibt viele Nächte, in denen wir kein Auge zumachen können, weil Anna mehrere epileptische Anfälle hat“, sagt ihre Mama. Dass die Kleine heute alleine schlucken kann, ist auch der Verdienst ihrer Eltern, die das Mädchen mit zahlreichen Therapien fördern, um ihm ein den Umständen entsprechendes gutes Leben ermöglichen zu können. Anna besucht mittlerweile mit Unterstützung sogar einen Kindergarten.
„Wir lieben unsere Tochter so, wie sie ist. Kein Geld der Welt kann uns dieses Schicksal abnehmen. Das Einzige, das wir möchten, ist, dass ihre kostenintensiven Therapien finanziell gesichert sind“, sagt Annas Papa.
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