Jüngere Gewaltopfer suchen Hilfe

Jüngere Gewaltopfer suchen Hilfe
Die Leiterin des Gewaltschutzzentrums, Karin Gölly erklärt, wie man im Burgenland versucht Hochrisikofälle zu minimieren.

Vier Morde an Frauen in NÖ und Wien binnen weniger Tage – die aktuellen Geschehnisse sind auch im Gewaltschutzzentrum Burgenland mit Sitz in Oberwart ein heißes Thema. „Wenngleich derart ausufernde Gewalttaten im Burgenland selten sind“, räumt die Leiterin des Gewaltschutzzentrums, Karin Gölly ein. Einen Mordfall an einer 75-Jährigen hat es im November in Rohrbach (Bez. Mattersburg) gegeben.

In dem Fall liegt nun auch das Obduktionsergebnis vor, sagt Roland Koch von der Staatsanwaltschaft auf KURIER-Anfrage: Die Pensionistin wurde mit sieben Messerstichen in das Herz getötet. Der Verdächtige, ein 31-jähriger Arbeiter, konnte rasch gefasst werden – er befindet sich Untersuchungshaft. Das Motiv für die Tat sollen zwei Zierkissen gewesen sein, die der 31-Jährige aus dem Haus der Pensionistin stehlen wollte.

Eine derartige Eskalation von Gewalt zu vermeiden ist Intention des Gewaltschutzzentrums. „Auffällig ist, dass in letzter Zeit mehr junge Frauen bei uns Hilfe suchen“, sagt Gölly. Früher suchten vorwiegend Klientinnen im Alter zwischen 35 und 50 Jahren Rat und Hilfe, Klientinnen zwischen 19 und 21 Jahren seien „Ausreißer“ gewesen. „Doch wir haben festgestellt, dass im Vorjahr vermehrt Frauen zwischen 20 und 30 Jahren zu uns gekommen sind.“ Das sei auch „ein Stück weit Generationensache“. Früher sei die Hemmschwelle, um Hilfe zu bitten, größer gewesen.

Hochrisikofälle

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Im Gewaltschutzzentrum sei man jedenfalls rund um die Uhr bemüht, Hochrisikofälle zu identifizieren und im Sinne der Opfer „risikominimierend zu arbeiten“. Dazu gibt es im Burgenland seit 2016 eine enge Kooperation mit Polizei und Staatsanwaltschaft. Wie das funktioniert? „Haben wir eine Klientin, über deren Partner etwa ein Betretungsverbot verhängt wurde, machen wir erst eine Abschätzung der Gefährdungssituation.“ Dann wird ein Sicherheitsplan erarbeitet. Regelmäßig finden Konferenzen mit Staatsanwaltschaft und Polizei statt. Mit Zustimmung der Opfer stellt Juristin Gölly dabei deren Fälle vor. „Wir besprechen gemeinsam, wie man das Risiko für eine Gewalttat minimieren kann.“ Das könne etwa eine einstweilige Verfügung oder ein Kontaktverbot des Täters sein. Eine Maßnahme sei auch eine präventive Rechtsaufklärung des Täters durch die Polizei. Denkbar sei auch, dass die Staatsanwaltschaft U-Haft verhängt, oder man Frauen in ein Frauenhaus in einem anderen Bundesland bringt.

638 Klienten wurden im Gewaltschutzzentrum im Vorjahr betreut. Zum Vergleich: 2016 waren es 603 Personen. Der Anteil der knapp 80 Prozent weiblichen Klienten ist 2018 um zwei Prozent gestiegen. Wegen häuslicher Gewalt musste die Polizei im Vorjahr 207 Betretungsverbote aussprechen. 357 Minderjährige waren mittel- bzw. unmittelbar von Gewalt betroffen.

Um Gewalttaten im öffentlichen Raum hintanzuhalten hält man bei der Polizei im Burgenland von einem allgemeinen Waffenverbot übrigens wenig: Laut Faktenlage gebe es derzeit im Land „keinen Platz oder Ort“ wo so ein Waffenverbot notwendig sei, sagt Polizeidirektor Martin Huber.

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