„Ich kam nicht als Gauner zur Welt“

„Ich kam nicht als Gauner zur Welt“
Ein 35-jähriger Banker ist angeklagt, 9,2 Mio. € unterschlagen zu haben. Vor dem Prozess spricht der Mann über seine Motive.

Roman B. war der Liebling seiner Kunden in der Eisenstädter Oberbank. Er genoss ihr vollstes Vertrauen. Dann lernte er einen Ungarn kennen, der ihm lukrative Investitionen in Aussicht stellte (siehe Zusatz-bericht) . Was vielversprechend begann, endete mit Malversationen, Erpressungsversuchen und eineinhalbjähriger U-Haft in Wiener Neustadt.

KURIER: Herr B., wie geht es Ihnen jetzt vor dem Prozess?
Roman B:
Naja, zweigeteilt. Einerseits bin ich froh, dass die U-Haft und diese marternde Ungewissheit zu Ende gehen. Andererseits bin ich nervös, weil wieder alles aufreißt.

Wie sind Sie mit der langen U-Haft zurechtgekommen?
Es ist furchtbar schwer, sich an den Gefängnisalltag zu gewöhnen. Die lange Zeit hatte aber auch Gutes. Mein Bild hat sich gewandelt. Anfangs hat man mir vieles nicht geglaubt. Nicht die Entführung, nicht die Erpressungen.

Sie sprechen hier Ihren ungarischen Geschäftspartner Tivadar E. an, der Sie erpresst und hinters Licht geführt haben soll. Wussten Sie, dass er mehrfach vorbestraft war?
Nein, das habe ich eigentlich erst nach meiner Verhaftung erfahren. Ihm habe ich die ganze Situation zu verdanken. Das soll jetzt nicht heißen, dass mich keine Schuld trifft, aber ab Oktober 2008 hat sich die Spirale für mich nur noch nach unten gedreht.

Im Oktober 2008 haben Sie zum ersten Mal Kundengelder abgezweigt. Was ist da in Ihnen vorgegangen?
Ich weiß es nicht genau. War es Gier, war es Geltungsdrang? War es der Drang, das Projekt in Ungarn um jeden Preis umzusetzen? Heute weiß ich, das war der Zeitpunkt, wo ich zu E. Nein sagen hätte müssen. Das war der größte Fehler meines Lebens.

Diese Disco und die Geschäfte hatten ein Investitionsvolumen von 4 Mio. Euro. War das nicht eine Nummer zu groß?
Nein. Ich kannte ja die Geschäftszahlen und meine Erfahrungen mit E. waren bis dahin gut. In zehn Jahren wäre alles abbezahlt gewesen.

Wie stehen Sie heute zu E.?
Heute weiß ich, dass er das wohl alles geplant hatte. Er hatte mich in der Hand. Er ist Luft für mich.

Wie haben Sie dieses Doppelleben ausgehalten?
Ich habe ein Dreifachleben geführt. Ich musste immer funktionieren. Bei meinem Geschäftspartner, privat und in der Bank. Jedes Mal, wenn einer meiner Kunden die Bank betreten hat, hat es mir einen Stich gegeben. Nicht aus Angst, dass sie merken, dass Geld fehlt, sondern weil sie mir so leidgetan haben.

Wann haben Sie gemerkt, die Geschichte kann nicht mehr gut ausgehen?
Gar nicht. Ich war ja selbst nach meiner Verhaftung am 22. Dezember 2010 der Meinung, den ganzen Schaden wiedergutmachen und das Geld aufbringen zu können.

Wie haben Sie Ihre Verhaftung erlebt?
Zuerst war da Panik, dann Angst, dann wieder Hoffnung, nicht ins Gefängnis zu müssen. Mein Fokus war so sehr auf die Rückzahlung des Geldes gerichtet, dass mir die Tragweite anfangs gar nicht bewusst war. Ich war lange Zeit wie weggetreten. Erst seit Ende des Sommer 2011 hab ich mich halbwegs gefangen.

Wie geht es Ihnen bei der Vorstellung, beim Prozess Kunden, Kollegen zu sehen?
Das tut mir einfach weh. Ich bin ja nicht als Gauner auf die Welt gekommen. Ich hatte zu meinen Kollegen und Kunden ein gutes Verhältnis. Ich kann nur sagen, dass mir das alles von Herzen leidtut.

Denken Sie an die Zukunft?
Ich hoffe, dass ich in absehbarer Zeit die Chance bekomme, bei null anzufangen. Ich will zurück ins Leben, auch wenn ich nichts mehr habe. Kein Geld der Welt kann mir die harte Zeit im Gefängnis nehmen.

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