Der Weg einer burgenländischen Geschäftsfrau an die Spitze

Von Vanessa Halla
Sie hat als Teenagerin die "Knödelakademie" besucht. So nannte man umgangssprachlich jene Schule, die heute "Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe" heißt. Bezeichnend für Nicole Hahns weitere Lebensgeschichte.
"Ich bin ohne Matura ins Arbeitsleben gestolpert. Kein Fach in der Schule hat mich je so motiviert, dass ich gerne hingegangen bin. Als ich im Musikunterricht begeistert einen Aufsatz über mein Lieblingsstück geschrieben habe, wurde er wegen meiner Rechtschreibfehler mit einem 'Nicht genügend' beurteilt. Heute weiß ich, dass ich eine Rechtschreibschwäche habe. In unserem Schulsystem hat nie der Inhalt gezählt, das hat mich zermürbt", erinnert sich die Jormannsdorferin.
Weg an die Spitze
Trotzdem oder gerade deshalb hat die heute 44-Jährige eine steile Karriere in einem Weltkonzern für Digitalisierungsgeräte hingelegt. Sie ist im Sales-Bereich in einer Führungsposition tätig und verdient weit mehr als die meisten Männer in ihrem Umfeld.

Nicole Hahn ist Mama, Verkaufsgenie und Organisationstalent. Die Jormannsdorferin ist Sales Managerin und engagiert sich als Soroptimistin für die Rechte von berufstätigen Frauen.
Den Weg an die Spitze der Karriereleiter hat Nicole Hahn mit einer selbst gebauten Rolltreppe absolviert. "Mit 17 bin ich von der Schule gegangen und von einem Job in den nächsten gestolpert. Tickets im Freibad verkaufen, als Kellnerin an der Sauna-Bar oder in einem Callcenter am Telefon – da war vieles dabei. Dann bin ich an der Rezeption eines großen Konzerns gelandet. Dem Vertriebschef dort ist aufgefallen, dass ich die Anrufe selbst bearbeitet habe, anstatt sie einfach weiterzuvermitteln. Ich schau nicht gerne zu, sondern packe an, alles andere ist mir zu blöd."
Nicole Hahn hat schon früh gelernt, vieles selbst zu stemmen. Mit einem Bruder aufzuwachsen, der aufgrund besonderer Bedürfnisse viel Zeit der Eltern benötigte, hat sie zur Macherin werden lassen. "Ich arbeite seit 18 Jahren für meinen Arbeitgeber. Meine heutige Position dort habe ich mir selbst geschaffen. Das Unternehmen ist in über 150 Ländern vertreten, ich darf Österreich bei Kundenprojekten vertreten."
Recht und richtig
Gefühlt jahrelang lebt sie in Hotelzimmern, fliegt um die Welt und verkörpert auch sonst das Bild einer Businessfrau – schlagfertig, taff und das alles immer in High Heels. "Anfangs war mir nicht bewusst, dass ich in der männlichen Arbeitswelt auch ausgenutzt wurde. Da habe ich mich fast schon geehrt gefühlt, wenn ich den Kollegen helfen konnte. Bis ich erkannte, dass ich von vielen in der Assistenzrolle gesehen wurde. Die nette Kollegin solle doch bitte das Meeting organisieren und einen Kaffee bringen – das ist für viele Männer immer noch gelebte Wirtschaft." Eine Tatsache, die das Leben der erfolgreichen Geschäftsfrau stark geprägt und verändert hat.

Sneakers gegen High Heels. Nicole Hahns Arbeitgeber ermöglicht Müttern im Konzern 100 Prozent Homeoffice. Während ihrer Karenz schließt die 44-Jährige sogar ein Masterstudium ab – ganz nebenbei.
Heute ist Nicole Hahn die Präsidentin des Soroptimist Club Südburgenland. Soroptimist International ist eine Organisation für berufstätige Frauen, die sich für Frauenrechte, Bildung und Chancengleichheit engagiert. "Dass Frauen in der Arbeitswelt immer noch so unglaublich benachteiligt sind, ist wie ein Stein im Schuh für mich ist. Ich habe mich schnell getraut, den Mund aufzumachen, wenn ich Unrecht gesehen oder gespürt hab. Das hat mir den Ruf der Suffragette (militante britische Frauenrechtlerinnen Anfang des 20. Jh., Anm.) eingebracht", erzählt sie.
Vor eineinhalb Jahren wurde Nicole Hahn mit 42 unverhofft Mama. "Nichts hat mein Leben so verändert, wie meine Tochter. Die Sichtweise für das Wesentliche im Leben dreht sich um 180 Grad. Die Verantwortung, die du für dein Kind trägst, ist mit keiner Aufgabe in der Arbeitswelt zu vergleichen."
Und wie schafft eine Soroptimistin im Jahr 2025 den Spagat zwischen Kind und Konferenzzimmer? "Mein Arbeitgeber unterstützt Mütter wie mich mit 100 Prozent Homeoffice. Anders würde es nicht gehen. Und trotzdem geht es oft drunter und drüber. Während einer wichtigen Telefonkonferenz – ich hatte meine Tochter im Arm – hat sie sich auf mir übergeben und ist dann eingeschlafen. Dann kam noch die Katze und hat sich dazugelegt. Ich konnte mich keinen Zentimeter bewegen und dachte nur 'Ja bist du narrisch'. Aber den Megadeal hatte ich am Ende des Telefonates trotzdem in der Tasche."
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