Mit Forstwirt unterwegs: "Im Wald ist man ein anderer Mensch"

Ein Mann mit Hund auf einer Lichtung
Christian Reicher ist Forstwirt und Jäger: "Es ist unsere Pflicht, den Wald besser zu hinterlassen, als wir ihn übernommen haben."

Von Vanessa Halla

Er ist 37 Jahre alt. Lächerlich jung im Vergleich zu der imposanten Eiche neben ihm. Bezeichnenderweise ist Christian Reichers Lieblingsbaum die heimische Stileiche – so heißt der riesige Stamm mit Wurzeln und Krone obendrauf korrekt.

Christian Reicher weiß das natürlich. Und natürlich weiß die südburgenländische Eiche auf zwei Beinen auch sonst wirklich alles über Bäume, den Wald und was darin wächst und lebt.

Den Beruf Forstwirt hat der aus Unterschützen stammende Familienvater nicht von Anfang an angepeilt. "Aber wer weiß mit 14 schon, was er später einmal beruflich werden möchte?", sagt Christian Reicher ruhig und klar, ganz wie es seine Art ist.

"Ich bin nach der Grundschule in die HTL gegangen, einfach deshalb, weil der Großteil der Freunde hingegangen ist. In der Elektronikbranche war ich dann einige Jahre tätig, bin sogar in die Großstadt nach Wien gezogen, weil meine heutige Frau dort gelebt hat. Aber es hat mich immer in die Natur gezogen."

Stadt, Land, Wald

Ein Ruf, dem Christian Reicher mit 23 Jahren schließlich folgt. "Die Ausbildung zum Forstwirt habe ich an der Universität für Bodenkultur in Wien gemacht. Irgendwie hat’s also die Großstadt gebraucht, um raus aufs Land und in den Wald zu können."

Mann hält Hund an der Leine

Christian Reicher 

Heute werkt er als Forstwirt im Burgenland und in der Steiermark, aber auch in Wien und Umgebung. Die Aufgabenbereiche in diesem Beruf sind so bunt und vielfältig wie die Arbeitsplätze dazu.

Baumgutachten erstellen, Überprüfungen der Baumkataster und einzelne Gutachten wie beispielsweise in Erbschaftsangelegenheiten gehören ebenso zu Christian Reichers Aufgaben, wie die Organisation und Abwicklung von Schlägerungen und Aufforstungen.

Von den Aufgaben eines Forstwirts

"Vom richtigen Standort zum Pflanzen bis zum Fällen des Baumes bin ich als Forstwirt Ansprechperson für meine Kunden. Wenn Wald zum Beispiel vererbt wird, wissen viele oft nicht einmal, wo die Bäume dazu stehen, wie die Grundstücksgrenze verläuft und so weiter. Das alles fällt in meinen Aufgabenbereich", betont Reicher. "Welche Bäume eigenen sich zum Schlägern, welche sollte man unbedingt stehen lassen und natürlich mache ich auch selbst Baumpflege. Das Schönste an meinem Beruf ist die Abwechslung, kein Tag ist wie der andere. Dieses Gefühl, wenn ich in der Früh mit unserem Hund losziehe, um einen neuen Wald zu begutachten, das mag ich am meisten. Und wenn es am Vortag noch geregnet hat, bin ich glücklich. Es gibt nichts Besseres als Waldluft nach einem Regen."

Dass Christian Reichers Hauptarbeitsplatz immer schon die Menschen angezogen hat, ist kein Geheimnis. Vor allem Ruhesuchende gehen in den Wald.

"Im Wald ist man ein anderer Mensch"

"Im Wald mit Menschen zu reden ist immer angenehmer als in einem geschlossenen Raum. Man entschleunigt automatisch und meine Kunden erzählen mir bei unseren Treffen auch sehr viel Persönliches . Im Wald ist man ein anderer Mensch."

Der Forstwirt mit grünem Herz und Daumen plädiert mit ruhiger, aber starker Stimme für den Erhalt der heimischen Mischwälder. "Monokulturen sind ein toter Wald. Viele heimische Waldbesitzer säubern ihre Wälder sehr gründlich, das ist so ein bisserl die burgenländische Mentalität. Man sagt auch ‚ausputzen‘. Davon rate ich ab. Auch ein toter Baum ist nützlich und bietet beispielsweise Lebensraum für Tiere und Insekten. Ich lege jedem Waldbesitzer ans Herz, seinen Wald regelmäßig zu besuchen und zu schauen, wie es ihm geht. Das eigene Haus lässt man ja auch nicht verwahrlosen."

Wenn Christian Reicher spricht, dann scheint selbst der Wald noch ruhiger zu werden, als es darin ohnehin schon ist. Diesen Mann scheint nichts umzuhauen und schon gar nichts aus der Ruhe zu bringen.

Der Forstwirt reist gerne

Ein Mensch, wie gemacht für diesen Beruf. Dass er vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht, ist bei dem 37-Jährigen aber ausgeschlossen. "Privat reise ich sehr gerne mit meiner Frau und unseren zwei Kindern."

Die USA, Kanada, Hawaii und halb Europa – die Familie Reicher hat schon viel gesehen. "Meine Frau sagt immer, wenn ich einen Urlaub plane, dann mit dem Hintergedanken, mir dabei einen Wald ansehen zu können. Ich muss sagen, sie kennt mich wirklich gut."

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