Finanzprozess: Promovierter Wirtschaftswissenschaftler mit Erinnerungslücken
Groß waren die Hoffnungen, als sich Donnerstagabend plötzlich einer der wichtigsten Zeugen im Prozess bezüglich Scheinrechnungen eines ehemaligen Mitarbeiters des Finanzamtes Oberwart/Eisenstadt/Bruck bereit erklärt hat, am Freitag vor dem Landesgericht Eisenstadt auszusagen. Als Eigentümer einer der betroffenen GmbHs, hoffte die Justiz auf wichtige Anhaltspunkte – ohne Erfolg.
Wenig Konkretes
Unternehmen des in Pressburg wohnenden Österreichers waren ein Teil des Konstruktes rund um Kick-back-Zahlungen und Scheinrechnungen. Davon will er jedoch am Freitagvormittag nichts gewusst haben. „Das liegt außer meinem Wissen“, „Da müssen sie die Geschäftsführerin fragen“ und „meines Erachtens hat die GmbH keinen Schaden genommen“ hörte man fast schon im Minutentakt.
Das brachte auch Richterin Karin Lückl, die den Zeugen zu klaren Antworten bewegen wollte, zur Verzweiflung. „Ich glaube, sie wollen mich für blöd verkaufen“, sagte sie gegenüber dem wichtigen Zeugen.
Der Vorwurf ist zumindest nicht völlig aus der Luft gegriffen. Dass ein promovierter Wirtschaftswissenschaftler sich nicht an die Modalitäten von Darlehenstilgungen in Millionenhöhe erinnern kann, obwohl er den Vertrag unterschrieben hat und die von ihm eingesetzte Geschäftsführerin in einer der GmbHs ihn zur Unterschrift bei einem Notar rief, wobei er den Vertrag nicht durchlas, saß nicht nur dem Gericht sauer auf, sondern auch den Beamten des Amtes für Betrugsbekämpfung.
Das seine Geschäftsführerin früher in einem Brautmodegeschäft gearbeitet hat und sonst keinerlei Berufskenntnisse aufweist, hielt den Unternehmer anscheinend nicht davon ab, sie als Geschäftsführerin einer Holding mit Millionendarlehen einzusetzen. Der Mann wird nicht als Beschuldigter geführt.
Entschieden wurde jedoch über den Sohn des Finanzbeamten, der einen Schaden von über 300.000 Euro verursachte. Er fasste eine bedingte Haftstrafe und 80.000 Euro Geldstrafe (die Hälfte davon bedingt) aus. Den verursachten Schaden an Fördermitteln muss er an die Wirtschaftsagentur Burgenland zurückzahlen.
Ein Urteil im Prozess wird für kommenden Montag erwartet. Zwei weitere wichtige Zeugen sind geladen. Angeklagt sind aktuell noch der ehemalige Finanzbeamte, ein Ex-Bankmitarbeiter aus dem Bezirk Eisenstadt-Umgebung und ein Angehöriger eines niederösterreichischen Adelsgeschlechts.
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