Endstation für das Bahnhofsrestaurant

Endstation für das Bahnhofsrestaurant
Mattersburg: Früher waren die Lokale an den Bahnhöfen eine Institution, ein Treffpunkt für die Menschen. Heute sind sie vom Aussterben bedroht.

Eigentlich hätte heuer die Restauration am Mattersburger Bahnhof Grund zum Jubilieren. 1922 gab es nämlich hier erstmals eine Ausschank. Doch neun Jahrzehnte später sorgt an diesem historischen Platz lediglich ein Automat für leibliches Wohl.

"Das ist ein Jammer", sagt ein ÖBB-Bediensteter, "eine Institution geht hier verloren."   Stammgast Karl Strammer aus Pöttelsdorf sieht es ähnlich: "Für manche Leute ist das eine Katastrophe."  In der Bahnhofsrestauration in Mattersburg seien "alle Kategorien" vertreten gewesen, ob Akademiker oder Arbeiter, ob Beamter oder Bauer.

Die Schließung hätte nicht sein müssen. Nachdem Matthias Gerdenitsch im September dieses Jahres in Pension gegangen war, wollte die 42-jährige Tünde Zrinyi  die Gastronomie in Pacht von 750 Euro übernehmen. Sie war auch bereit , an die 70.000 Euro in das Lokal mit 60 Plätzen "hineinzustecken".

Über Monate hinaus versuchte die 42-jährige Ungarin, die seit mehr als 20 Jahren in der Umgebung von Mattersburg als Kellnerin arbeitet, mit den ÖBB ins Gespräch zu kommen. "Die ÖBB zeigten aber kein Interesse", sagt Zrinyi. Sie wurde immer wieder vertröstet. Schlussendlich wurde ihr ein Pachtvertrag von maximal fünf Jahren angeboten. Doch für diese kurze Zeit tausende Euro  zu investieren, "da muss ich meinem Geld Feind sein", sagt die 42-Jährige. Tünde Zrinyi wollte einen Pachtvertrag von mindestens zehn Jahren. "Usus  ist, dass österreichweit Bahnhofsgastwirtschaften auf fünf Jahre befristet verpachtet werden", erklärt ÖBB-Pressesprecher Christoph Seif.  Zehn-Jahres-Pachtverträge seien in Sonderfällen vorbehaltlich der notwendigen Gremialgenehmigungen möglich. Und: "Da in den nächsten Jahren ein Bahnhofsumbau in Mattersburg  geplant ist, wurde ein Zehn-Jahres-Pachtvertrag nicht in Betracht gezogen." Ein Abriss der Gastwirtschaft stehe aber nicht zur Debatte.

Enttäuschung

Das Projekt ist für Zrinyi gestorben. "Schade", sagt sie. "Ein angenehmer Familienbetrieb" hätte es werden sollen. Ihr Sohn ist Koch. Er hätte die Gäste  mit Hausmannskost und ungarischen Schmankerln "verwöhnt".

Auch Franz Perner von der Wirtschaftskammer findet das Nichtzustandekommen des Pachtvertrages schade: "Das tut besonders weh, dass staatsnahe Betriebe kein Interesse an der Wirtschaft haben." So gehe man mit potenziellen Vertragspartnern nicht um, und "wir wollten ja nichts geschenkt bekommen", sagt Perner, der Zrinyi sowohl in rechtlichen als auch betriebswirtschaftlichen Anliegen unterstützte. Im Burgenland werden derzeit die Bahnhofsgastwirtschaften in Eisenstadt und Deutschkreutz aktiv betrieben.

Für Michel Reimon, Landtagsmandatar der Grünen, sei es "typisch", dass sich weder SPÖ noch ÖVP der Sache angenommen haben. "Ihnen ist der öffentliche Verkehr völlig egal. Und das nicht nur im Burgenland, sondern in ganz Österreich." Für Reimon  gehört eine Bahnhofsrestauration zu einem Bahnhof so "wie der Senf zum Würstl."

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