Eine Vision nimmt Formen an

waldorf kindergarten in pamhagen
Nach einigen Hürden ist Burgenlands erster zweisprachiger Waldorf-Kindergarten in Betrieb.

Die bürokratischen Hürden zu meistern, um diesen Kindergarten Wirklichkeit werden zu lassen, waren nicht so einfach“, sagt Angela Michlits, Projektinitiatorin des ersten zweisprachigen Waldorf-Kindergartens im burgenländischen Pamhagen. Sie wurden gemeistert mit der „Vision, wieder einen gemeinsamen pannonischen Lebens- und Kulturraum zu schaffen. Die nächste Generation soll grenzüberschreitend denken und handeln.“

Der letzte Blitzableiter ist montiert, der Genehmigungsbescheid der Landesregierung liegt am Tisch und die offizielle Eröffnung ging bereits über die Bühne. Selbst die für Kindergärten zuständige Landesrätin, Michaela Resetar, ÖVP, ist voll des Lobes: „Gerade im zusammenwachsenden Europa ist es wichtig, dass bereits die Kinder den europäischen Gedanken leben.“

Die Idee, einen Waldorf-Kindergarten zu gründen, hatte die Familie Angela und Werner Michlits, auch bekannt für biodynamischen Weinbau nach Demeter, schon lange. Mit den kommerziellen Angeboten für ihre drei Kinder waren sie nicht zufrieden. Es ergab sich, ein Bauernhaus aus den 60er Jahren zu kaufen, dieses zu sanieren und dementsprechend zu adaptieren. Derzeit sind acht Kinder aus Ungarn und Österreich dabei, sich wohl zu fühlen.

„Das kann man wohl sagen“, meint Erich Klinger aus Apetlon, dessen Sohn Finn „hier seine Freude hat“. Auch er suchte nach Möglichkeiten andere Wege für seinen Sohn zu finden, weil er dem gesamten Bildungssystem „kritisch“ gegenübersteht. „Hier“, davon ist der Weinbauer überzeugt, „bekommt er das optimale Angebot für seine weitere Entwicklung.“

Auch Mária Hajasné Árpási aus Ungarn hat ihre Tochter in Pamhagen angemeldet. „Hier funktioniert es tadellos“, ist die 38-jährige Mutter überzeugt. „Besonders wichtig“ ist für die ungarische Mutter die Zweisprachigkeit.

Prominent

Hajasné Árpási findet eine prominente Landsfrau als Unterstützerin. Die Gattin des ungarischen Präsidenten, Victor Orban, Anikó Lévai, zeigt sich vom Kindergarten angetan: „Denn dieser Kindergarten selbst baut auf ungarisch- und deutschsprachige Erziehung auf. Das bedeutet, das es eine starke Verbindung zwischen den Gemeinden an beiden Seiten der Grenze gibt“, sagt die Mutter von fünf Kindern. Lévai ist eine „große Verehrerin“ des Gründers der Waldorf-Pädagogik, Rudolf Steiner. „Weil er den Mut hatte zu bemerken, dass die herkömmliche Pädagogik nicht jedem Kind entspricht und weder Energie noch Kosten scheute, um eine Alternative zu erarbeiten.“ Großes Ziel der Familie Michlits: Eine maturaführende Schule.

„Es soll viel Freiraum für Spiele in der Natur geben, Lieder und Märchen im Rhythmus der Jahreszeiten sowie einen eigenen Obst- und Gemüsegarten, den die Kinder das ganze Jahr hindurch pflegen und betreuen“, sagt Angela Michlits, Initiatorin des ersten Waldorf-Kindergartens im Burgenland.

Die Kinder sollen das Essen mit allen Sinnen erleben, den Wandel der Jahreszeiten mit ihren Festen und sollen den Weg vom Korn zum Brot, von der Apfelblüte zur Apfelfrucht, verfolgen. Sie erhalten täglich eine andere Getreidemahlzeit im Rhythmus der anthroposophischen Ernährung. Hirse zum Beispiel mittwochs, Hafer an Freitagen oder Gerstenbrei dienstags. „Die Produkte aus biologisch-dynamischer Landwirtschaft fördern das Bewusstsein für die Entstehung der Nahrungsmittel und tragen zum achtsamen Umgang mit unserer Umwelt bei“, erklärt Michlits.

Auch die Pflege der Tiere, die direkt im Anschluss an das Grundstück zu Hause sind, gehöre zum Alltag und fördere das Verantwortungsgefühl.

U.a. bereiten die Pädagogen – derzeit sind es zwei – gemeinsam mit den Kindern ihr Frühstück zu, backen Brot und malen mit Wachskreiden und Wasserfarben. Die wiederkehrende Rhythmik im Tagesablauf soll dem Kind Geborgenheit geben und ein vertrautes Umfeld schaffen.

„Die Kindergartenkinder im Vorschulalter werden dann in enger Verbindung mit Waldorf-Lehrer auf die Unterrichtselemte vorbereitet“, sagt Michlits.

Im Burgenland gibt es derzeit 15 Privatkindergärten. In diesen Häusern wird genau so gearbeitet wie in den öffentlichen Kindergärten mit ziemlich einheitlichen Standards, sagt Kornelia Berlakovich,Kindergarteninspektorin des Landes. Der Kindergartenbeitrag ist genau so hoch oder niedrig, wie in den öffentlichen Kindergärten. Der Schnitt liegt bei 45 Euro pro Kind und Monat, da man zusätzliche Kosten beim Familienreferat der Landesregierung rückerstattet bekommt. In einigen Kindergärten sei der Betrag zwar etwas höher, aber nicht der Rede wert.

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