Der unterschätzte Steppensee

Viel Wind: Dafür lieben Wassersportler den See. Er wird manchen zum Verhängnis.
Immer wieder geraten Wassersportler in Schwierigkeiten und müssen gerettet werden.

Badewanne der Wiener", "Nasse Wiese", "Sumpf": Der Neusiedler See im Burgenland hat einige uncharmante Bezeichnungen, die eines nicht implizieren: Auf dem Steppensee kann auch Gefahr drohen. Große Gefahr.

Bei einem Segelunfall am 26. Mai war ein 15-jähriger Oberösterreicher ums Leben gekommen. Immer wieder haben Wassersportler ernsthafte Probleme. 2013 verzeichnete die Polizei 42 Seenotfälle, im vergangenen Jahr waren es sieben. Von 2011 bis 2014 mussten die Einsatzkräfte vier Leichen bergen. Warum kann ein so seichtes Gewässer (derzeit 1,60 bis 1,80 Meter tief) den Menschen zum Verhängnis werden?

Weht starker Wind oder Sturm, dann entsteht eine kurze Welle. "Unter solchen Umständen ist es schwierig zu schwimmen. Man kann sich leicht verschlucken", erklärt Freddy Lang. Der 55-Jährige führt die Segelschule Lang in Mörbisch am Neusiedler See und vermietet auch Boote. Er selbst ist begnadeter Segler, war vielfacher Staatsmeister. "Man kann nicht mehr stehen, denn die Strömung geht unter Wasser mit der Welle wieder zurück. Seeüberquerungen vermitteln den Eindruck, dass der See keine Gefahren birgt."

Auch Suchaktionen würden sich oft schwierig gestalten. "Man darf nicht davon ausgehen, dass man mit der Windrichtung mitgetrieben wird", sagt Lang.

Wetterkunde

Außerdem hat der Neusiedler See ein eigenes Klima. Er entwickelt eine starke Thermik. Auf keinem anderen See Österreichs bläst so häufig Wind. "Prinzipiell", erklärt der Segelstaatsmeister, "muss man natürlich wetterkundig sein." Revierkundige können Auskunft über die "Wetterecken" geben. Denn es könne sein, dass über dem See blauer Himmel ist. Brauen sich aber im Süd-Osten oder im Nord-Westen Gewitterwolken zusammen, kann es haarig werden. Dann brauche man die nötige Erfahrung. Stehen die Wolken unter 45 Grad über dem Horizont, sei es ungefährlich. Doch gehe es über 45 Grad, könne es blitzartig und relativ schnell gehen, sagt Lang. Wer das Boot nicht beherrscht, keine Erfahrung hat, kann sich schwertun, wieder ans Ufer zurückzukommen.

Für den Kommandanten der Bezirkspolizei Neusiedl, Rainer Bierbaumer, ist vor allem das Tragen von Schwimmwesten "ein unbedingtes Muss". Auch in der Nacht zu segeln, birgt viele Gefahren. "Es gibt ein Nachtsegelverbot." Ausreißer gibt es immer wieder.

Mit der ersten Hitzewelle des Jahres häuft sich dieser Tage die Zahl der Badeunfälle. Beinahe ertrunken wäre Freitagnachmittag ein 18-jähriger Asylwerber auf dem Anemonensee in Wiener Neustadt (NÖ). Eine 36-jährige Frau konnte den Afghanen in letzter Sekunde retten. Zabihullah S. war beim Schwimmen im See plötzlich in Panik geraten. Silke S., die auch ausgebildete Rettungsschwimmerin ist, sah den Todeskampf des jungen Mannes und kam ihm sofort zu Hilfe. „Er war einige Zeit unter Wasser, konnte aber noch heraufgezogen werden“, schildert Stefan Koppensteiner vom Roten Kreuz. Der 18-Jährige erlangte von selbst wieder das Bewusstsein. Er wurde mit dem Hubschrauber ins Spital geflogen.

Samstagabend kam es in Andau im Seewinkel zu einem tödlichen Badeunfall. „Ein 18-jähriger Ungar ist in den Badesee gesprungen und nicht mehr aufgetaucht“, erklärt ein Polizeisprecher. Eine halbe Stunde später konnten Feuerwehrtaucher die Leiche des Mannes bergen.

Kein Lebenszeichen gibt es von den beiden seit Freitagnachmittag vermissten Brückenspringern aus Röppen (Tirol). Samstagvormittag stellten die Einsatzkräfte die Suche nach den 19-Jährigen vorübergehend ein. „Sobald die Pegelstände zurückgehen, gibt es eine Nachsuche“, erklärt Polizeisprecher Stefan Eder. Mehr als 300 Einsatzkräfte standen im Einsatz. Noch keine Spur gibt es von dem vermissten Asylwerber (18), der am Donnerstag in der Donau bei Kritzendorf (NÖ) ertrunken sein dürfte.

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