Der Nationalpark: Vom Problem- zum Liebkind

Paul Rittsteuer widmet sich nur mehr dem Wein
Rittsteuer legt Vorstand zurück und zieht nach 30 freiwilligen Jahren Bilanz.

Lange bevor der Nationalpark Neusiedler See Seewinkel spruchreif wurde, hat sich Paul Rittsteuer, ehemaliger ÖVP-Landesrat, für das schützenswerte Gebiet eingesetzt. Im KURIER-Interview erzählt der Neusiedler von den schwierigen Anfängen und wie das Problem- zu seinem Lieblingskind wurde. Rittsteuer legt nach seinem 30-jährigen ehrenamtlichen Engagement am Donnerstag seine Funktion als Vorstandsvorsitzender und als Vorstandsmitglied der Nationalparkgesellschaft zurück.

KURIER: Wie hat die Bevölkerung damals in den 80er Jahren auf die Idee eines Nationalparks reagiert? Paul Rittsteuer:Der Nationalpark war aus Sicht der Landwirtschaft etwas, was Verfügungsgewalt über Grund und Boden einengt. Die Grundeigentümer hatten Angst vor Enteignung und davor, dass sie über ihr Eigentum nicht mehr frei verfügen kann. Bei einem Großteil der 1200 Grundeigentümer war eine totale Ablehnung da. Zudem war das erste Angebot der Regierung sehr gering, die Flächen der Bauern hatten keinen wirtschaftlichen Wert mehr. Nach langen Verhandlungen konnten wir ihnen ein gutes Angebot machen. Der Preis ist um das fünf- bis zehnfache gestiegen.

War die weitere Entwicklung ein ebenso harter Kampf?

Das Verhältnis zwischen Eigentümer, Nationalpark und Verwaltung ist ein sehr gutes geworden. Es ist uns gelungen, hier in Zusammenspiel zwischen Nationalpark und örtlicher Bevölkerung auf einer soliden Vertrauensbasis aufzubauen. Als Resultat konnte der Nationalpark von 1993 bis zum Jahr 2000 von 5600 Hektar auf 10.000 Hektar vergrößert werden.

Gab es eine Bewusstseinsveränderung in der Bevölkerung in der Region?

Das ist ein kontinuierlicher Entwicklungsprozess. Aber ich glaube, dass selbst die größten Skeptiker gesehen haben, dass der Nationalpark ein wertvoller Impulsgeber für die Region ist. Nicht nur umweltpolitisch, auch wirtschaftlich. Es gibt eine gutes Zusammenspiel von sanftem Tourismus, Naturschutz und Nationalpark. Es ist erwiesen, dass ein naturnaher Besucher mehr Geld ausgibt als ein normaler Tourist es tut.

Worin sehen Sie die Stärken des Nationalparks?

Bei uns ist es die Besonderheit der Landschaft und die Besonderheit der Vogel- und der Pflanzenwelt. Er ist ein Übergangsglied zwischen Osten und Westen. Diese Einzigartigkeit muss durch die Umsetzung von Management-Plänen erhalten bleiben.

Was sind derzeit die größten Herausforderungen?

Es ist sicherlich die Frage, wie man den Nationalpark weiter entwickeln kann. Da gilt es die Flächen, die noch hier sind, zum Beispiel im Hansag, für den Vogelschutz zu sichern. Zweitens könnte man sicherlich das Zusammenspiel zwischen Nationalpark und Nationalpark-Produkten verbessern und über den regionalen Kreis hinausbringen. Ich bin mir sicher, dass bei den Produkten, zum Beispiel beim Graurind und anderen seltenen Spezialitäten, noch mehr Wertschöpfung für die Region drinnen ist. Und drittens gäbe es auch bei der Betriebsführung hinsichtlich der Effizienzsteigerung Luft nach oben.

Was wünschen Sie Ihren Nachfolgerinnen?

Dass es mittelfristig wieder zu Budget-Zuteilungen kommt, die eine offensive Entwicklung des Nationalparks ermöglichen. Dass es gelingt, in entscheidenden Fragen eine einheitliche Linie zu finden – zwischen Nationalpark-Vertreter und Interessengemeinschaften. Und dass der Nationalpark noch weiter in der Bevölkerung verankert wird, aber da sind wir aber schon sehr weit. Es gibt eine große Zustimmung, das sehe ich als Kompliment für meine bisherige Arbeit.

Was werden Sie nach Ihrer langen, ehrenamtlichen Tätigkeit machen?

Ich bin Winzer mit Leib und Seele und werde mich dem Familienweingut widmen. Da wird mir bestimmt nicht langweilige und genügend frische Luft bekomme ich auch.

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