Der Brückenbauer vom Kleylehof

Franz Gyolcs in seinem Garten im Kleylehof, der rund sechs Kilometer außerhalb von Nickelsdorf liegt. Steine haben es dem Andauer Künstler angetan. An den Mauern hat er jahrelang gearbeitet Franz Gyolcs
Franz Gyolcs hat in den 90er Jahren die internationale Kunstaktion "Die Brücke von Andau" initiiert.

Wenn Franz Gyolcs aus dem Fenster seines Ateliers blickt, sieht er nichts von all dem Elend, das sich nur wenige Kilometer entfernt, tagtäglich an der ehemaligen Grenzstation abspielt. Bis auf ein paar wenige Flüchtlinge, die einem auf der Straße entgegenkommen, bemerkt man auf dem Weg zu Franz Gyolcs Arbeitsstätte nichts von dem Ausnahmezustand, der die Gemeinde Nickelsdorf derzeit in Atem hält.

Sechs Kilometer außerhalb von Nickelsdorf liegt der Kleylehof – das Atelier von Franz Gyolcs. Heute bezieht der Künstler Kraft aus dem Ort, an dem einst der Eiserne Vorhang verlief. "Die Weite, rundum nichts als Äcker und Wiesen. Im Winter kann ich die Rehe direkt vor der Haustür füttern", sagt Gyolcs. Der Andauer hat sich vor 20 Jahren auf dem Gutshof eingemietet. "Es war nichts da, nicht einmal fließendes Wasser."

Also hat der Künstler gemeinsam mit einem Kollegen die Ärmel hochgekrempelt und den Kleylehof zu dem gemacht, was er heute ist: eine Oase der Ruhe, in der sich Gyolcs künstlerisch austoben kann. "Das ist mein Meisterwerk", sagt der Andauer und deutet auf die Steinmauer, die in einem großen Bogen den Garten beschließt und aufgrund der Gestaltung Raum für zahlreich Aufführungen von ortsansässigen Vereinen zulässt. "Ich habe jeden Stein einzeln angebracht. In der Zeit hätte ich sicherlich fünf Hallen mit Skulpturen füllen können, die ich verkaufen könnte. Das hier kann man nicht verkaufen", betont er.

Appell an Politik

Bekannt wurde Franz Gyolcs durch das von ihm von 1992 bis 1996 veranstaltete internationale Symposium "Die Brücke von Andau". Die Brücke von Andau, war eine Verbindung über den Einser-Kanal an der österreichisch-ungarischen Grenze nahe der Ortschaft Andau, die 1956 zerstört wurde.

Gemeinsam mit internationalen Künstlerkollegen stellte Gyolcs entlang der ehemaligen Fluchtstraße, auf der Zehntausende Ungarn in die Freiheit marschiert sind, 60 Skulpturen auf, die an diese Flucht erinnern sollten. "Durch das Projekt haben wir erreicht, dass die Brücke wieder gebaut wurde", sagt er stolz.

Zum anhaltenden Flüchtlingsstrom, der sich knapp 60 Jahre später wieder an der österreichisch-ungarischen Grenze abspielt, hat Franz Gyolcs eine klare Meinung: "Die Politik muss endlich durchgreifen und die Verursacher zur Kasse bitten. Die Nationen, die an den Waffenlieferungen nach Syrien und in den Irak profitiert haben, müssen sich ihrer Verantwortung stellen." Es sei schön, dass sich so viele Private engagieren, "auch ich habe schon Flüchtlinge zum Bahnhof gebracht", aber deren Hilfe sei irgendwann nicht mehr ausreichend. "Die Menschen werden müde, haben auch noch andere Sachen zu tun. Daher braucht es die Politik, die endlich handelt."

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