Josef Schmidt - vom Landesrat zum Christbaumprofi im Burgenland

Josef Schmidt
Josef Schmidt verkauft seit 50 Jahren Christbäume. Wie der ehemalige SPÖ-Landesrat diese Wurzeln schlug? Eine Weihnachtsgeschichte.

Von Vanessa Halla

Den Zweimeter-Baum schupft er mühelos auf die Ladefläche seines Autos. „Der ist schon für eine Familie aus dem Ort reserviert. Die ersten Kunden kommen nämlich bereits im August, um sich ihren Christbaum auszusuchen.“ 

Anpacken und nebenbei Erzählen: Josef Schmidt ist mit seinen 87 Jahren definitiv multitaskingfähig – und dabei so agil, wie manch einer sich das mit weitaus weniger Lebensjahren am Buckel wünschen würde. Eine Christbaumkultur, die hält augenscheinlich fit.

1939 wurde Josef Schmidt zu Beginn des Zweiten Weltkrieges in Rettenbach im Südburgenland geboren. Die ersten Weihnachtsfeste waren für den damals kleinen Buben sehr bescheiden. „Geschenke und Süßigkeiten für den Baum gab es kaum. Aber einen Christbaum schon! Den hat mein Vater heimlich vom Wald der Nachbarn geholt“, erinnert sich Josef Schmidt mit einem Lächeln.

Tanne versus Fichte

Es folgten Jahrzehnte der Arbeit, des Aufschwungs und zahlreicher Weihnachtsfeste im Leben des Südburgenländers. Der Sohn eines Bergmanns arbeitete sich die Karriereleiter empor, ging in die Politik und war von 1983 bis 1993 SPÖ-Landesrat der burgenländischen Landesregierung

Und mitten in diesem Leben wächst aus einem Grundstück eine Idee und daraus viele Christbäume. „1975 hat uns ein Förster geraten, Christbäume zu pflanzen. Wir waren sehr unerfahren, haben zwei Drittel Nordmanntannen und ein Drittel Blaufichten gesetzt. Jahre später kam dann das böse Erwachen, die Blaufichten mussten wir roden.“

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Schmidt bei seiner Lieblingsbeschäftigung.

Knapp ein Hektar groß war das Grundstück, auf dem diese tannengrüne Weihnachtsgeschichte begann. Die Gebrüder Schmidt lernten und kauften dazu, die Christbaumkultur wuchs auf heute fünf Hektar und 15.000 Bäume. 

In der Pension widmete sich der ehemalige Politiker den Christbäumen mit voller Aufmerksamkeit. „Ich habe einige Kurse dazu besucht, denn das Christbaumgeschäft ist schon eine Wissenschaft für sich. Heute setzen und verkaufen wir zu 95 Prozent Nordmanntannen. Die wachsen bei uns am besten. Der Klimawandel hat das Bewirtschaften generell schwieriger gemacht“, weiß der Fachmann.

Christbaum für die Hofburg

Die auserwählten Bäume für den Heiligen Abend werden bereits im August mit dem Rot-Goldenen Qualitätsmascherl für den Verkauf gekennzeichnet. 

„Unser bislang größter Christbaum hat 25 Meter gemessen und stand in voller Pracht am Hauptplatz von Bad Tatzmannsdorf“, erzählt Schmidt und erinnert sich weiter: „Zwei Christbäume durften wir auch schon in die Kanzlei des damaligen Bundespräsidenten Heinz Fischer liefern. Das war auch eine aufregende Sache.“ 

"Es wird getratscht und gelacht"

Dass die Adventzeit für Schmidt zwar immer viel Arbeit, aber vor allem auch viel Freude bedeutet, ist selbsterklärend. „Der Verkauf startet am 8. Dezember. Von 9 Uhr früh bis es finster wird, findet man uns vor Ort in Bernstein. Es wird viel getratscht und gelacht. Ich liebe die Zeit, auch wenn ich oft sehr erschöpft bin“, so der 87-Jährige.

Gefragte „Charakterbäume“

Josef Schmidts Gedächtnis ist übrigens eine Liga für sich. „Viele Kunden möchten wieder exakt so einen Baum, wie sie im Vorjahr hatten. Ich merke mir jeden Christbaum, den ich verkaufe.“ 

Auf die Frage nach dem perfekten Christbaum antwortet der Fachmann: „Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Ich bin alle Jahre wieder überrascht, dass meist Bäume mit Charakter gesucht werden. Anders kann ich das nicht beschreiben“, lacht er.

Schmidts Traum-Christbaum? „Dunkelgrün mit langen Nadeln. Ich nehme aber immer den Baum, der am Ende übrig bleibt, das ist dann mein Christbaum. Den schmücke ich schön bunt mit Plastikkugeln, wegen meiner Katzen“, schmunzelt Schmidt. „Wichtig ist, dass der Christbaum täglich ausreichend gegossen wird, darauf vergessen viele“, erinnert der Experte. 

Luftballon entdeckt

Die schönste Christbaum-Geschichte von Bernstein? „Als ich einen Luftballon mit Adresszettel zwischen unseren Bäumen gefunden habe. Ich habe die Familie eingeladen und ihnen einen Christbaum geschenkt. Das waren Steirer, der Ballon ist weit geflogen.“

Zum Ende des Interviews ist Herr Schmidt in Gedanken schon wieder bei seinen Bäumen. „Eine Dame war heute zwei Stunden lang da, bis sie ihren Christbaum gefunden hat. Aber ich darf ihn morgen erst schneiden, weil da passt der Mond, sagte sie. Ich erfülle jeden Wunsch, nein sagen kann ich einfach nicht.“

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