Die erste Bier-Sommelière des Landes

Es ist ein Klischee, dass Frauen kein Bier mögen. Oft haben Klischees aber einen klitzekleinen Funken Wahrheit, so auch bei Viktoria Prem und ihren ersten Trinkversuchen: „Bier hat mir früher nie zugesagt.“
Heute eigentlich ein Frevel, arbeitet sie doch in einem als Familienbetrieb geführten Pub. Es brauchte ein belgisches Bier, um ihr Interesse für den Hopfensaft zu wecken. „Das hatte einen ganz anderen Geschmack als die Biere bei uns“, erinnert sich die Mühlgrabenerin.
Später fasste sie den Beschluss, sich in diese Richtung fortzubilden und startete die Ausbildung zur zertifizierten Biersommelière. Noch in diesem Monat hat sie ihre mündliche Prüfung, das Lernen ist für Viktoria Prem damit aber noch nicht vorbei.
Hausübung: Biere verkosten und bewerten
Nach bestandener Ausbildung will sie die „Diplom Biersommelière“ anhängen, krönender Abschluss wäre der „Master of Beer“. Mit Clemens Kainradl und Markus Sautner gibt es im Nordburgenland übrigens auch zwei männliche Kollegen.
Im Zuge der Ausbildung werden mehrere Hausübungen aufgegeben. „Beispielsweise eine Brauerei besuchen und bewerten oder 35 Biere verkosten“, erklärt Prem, die den Kurs hauptsächlich mit Hobbybrauern besucht. Gastronomen seien selten.
Ob sie, wie oft bei Wein-Sommeliers gescherzt wird, nach einer Kostprobe die Hanglage des enthaltenen Hopfens erschmecken könne? „Eher nicht, aber nach jahrelangem Training kann man durchaus bestimmte Stile und Regionen erkennen“, lacht Prem.
Es gehe ohnehin nicht nur um den Geschmack, meint die Gastronomin: „Für mich macht bei einem guten Bier die Optik einiges aus. Auch der Schaum spielt eine Rolle – wenn man nach dem Abzapfen zuhört, wie die Blasen platzen. Das mag ich einfach.“
Und wie steht sie zum Radler?
Eine brennende Frage ist natürlich, wie Prem zum kontrovers diskutierten Getränk Radler steht, also Bier mit Limonade: „Ich trinke ihn nicht, aber akzeptiere ihn. Es ist ja ein offiziell anerkanntes Getränk.“ Auch alkoholfreien Bieren steht sie offen gegenüber.
Da merke man oft keinen Unterschied im Geschmack. „Es kommt halt drauf an, ob ich vom Bier rauschig werden oder es nur genießen will“, so Prem. Sie sei auch schon gefragt worden, ob sie im Pub ein alkoholfreies Bier-Tasting veranstalten könne.
An neun Standorten wird im östlichsten Bundesland am perfekten Bier gewerkelt. Das „Leitha Bräu“ wurde 2016 gegründet und befindet sich, wie der Name schon sagt, in Leithaprodersdorf.
Im Bezirk Neusiedl am See wird gleich an drei verschiedenen Standorten gebraut – in der „Westwindbrauerei“ in Deutsch Jahrndorf, in der „Privatbrauerei Gols“ und auch am „Weingut Judith Beck“ in Gols wird in einer Kleinbrauerei am schaumigen Getränk getüftelt.
Im mittelburgenländischen Kobersdorf wird seit 2008 das „Kobersdorfer Schlossbräu“ hergestellt. Das Brauhaus wurde ein Jahr später eröffnet.
Junger Süden
Mit dem Gründungsdatum 2016 ist die „Bierquelle Heugraben“ im Bezirk Güssing das „älteste“ Produktionsunternehmen des Südburgenlandes. Dort wird das sogenannte „Zickentalbier“ hergestellt. 2020 kamen im Süden mit dem „Hianzenbräu“ in Großpetersdorf (Bezirk Oberwart) und dem „Franz-Josef-Bräu“ (Bezirk Jennersdorf) gleich zwei neue Brauereien hinzu.
Einen Sonderplatz nimmt das „Rabenbräu Schmidt“ in Neustift an der Lafnitz (Bezirk Oberwart) ein. Die 1999 errichtete Brauerei ist die einzige Gasthausbrauerei des Burgenlandes. Das erzeugte Produkt wird anschließend im eigenen Gasthaus angeboten.
Dem extremen Alkoholkonsum kann sie nichts abgewinnen: „Für mich ist Biertrinken einfach genießen. Wir sollten weg vom Massenkonsum und bewusster trinken. Bier kann man mit allen Sinnesorganen wahrnehmen.“
"Jammer hilft halt nicht viel"
Das langsame Sterben der Wirtshauskultur in den vergangenen Jahren merkt Prem zum Teil auch in ihrem Pub: „Unser Stammkundenkreis konnte gehalten werden, aber es geht schleppender voran. Jammern hilft halt nicht viel, wir müssen einfach etwas tun.“
Demnächst wird zum Beispiel das Bier-Angebot im Mühlgrabener Pub „The Irish Rover“ umgestellt: „Ich habe lieber ein gezielteres Angebot und damit auch mehr Klasse als Masse.“ Auch Bierverkostungen im Dunkeln würden Prem reizen: „Da wären alle anderen Sinne ausgeschalten.“
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