Akribie und Geduld: So ein Foto gab es seit 70 Jahren nicht mehr

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Nach 70 Jahren gelingt wieder ein Brutnachweis des seltenen und geschützten Zwergsumpfhuhns. Zu verdanken ist das der Geduld eines jungen Ornithologen, der Technik und einem glücklichen Moment.

Ein unscheinbares Foto vom Rande einer Schilffläche am Neusiedler See sorgt bei Ornithologen seit Kurzem für Entzücken: Darauf ist nämlich ein flauschiges Küken des Zwergsumpfhuhns (Porzana pusilla) zu sehen – aufgenommen von einer Kamerafalle im Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel.

Warum dieses Foto des jungen Ornithologen Jakob Vratny für so viel Aufsehen sorgt? Zum ersten Mal seit 1955 ist damit in Österreich ein gesicherter Brutnachweis dieser seltenen Rallenart gelungen. Und es blieb nicht bei einem Jungvogel: Insgesamt drei erfolgreiche Bruten wurden im Nationalpark dokumentiert.

Dass diese seltenen Bilder überhaupt entstehen konnten, ist akribischer Feldarbeit zu verdanken. 

Der begeisterte Vogelkundler Vratny hatte schon im Mai bei einem seiner Ausflüge auffällige Rufe wahrgenommen. „Nachdem ich gleich drei simultan rufende Männchen gehört habe, lag der Verdacht nahe, dass auch Weibchen im Gebiet unterwegs sind und es heuer Nachwuchs geben könnte.“

Um den Verdacht zu bestätigen, platzierte er Kamerafallen an den wenigen geeigneten Stellen. Ende Juni lieferte die erste Aufnahme den Beweis: Ein winziges Küken im Sumpf wurde von der Kamera eingefangen.

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Im Laufe des Juli gelangen weitere Aufnahmen – diesmal aus drei verschiedenen Bruten. „Die unterschiedlichen Entwicklungsstadien der Küken lassen auf drei Brutpaare schließen“, erklärt Vratny.

Kaum Brutnachweise

Das Zwergsumpfhuhn gilt als eine der am stärksten gefährdeten Vogelarten Europas. Es ist die kleinste Ralle des Kontinents, führt ein Leben im Verborgenen – und ist vielleicht auch deshalb kaum bekannt. Auch Brutgebiete gibt es nur wenige, vornehmlich in den Ländern Deutschland, Schweiz, Spanien, Ungarn und den Niederlanden. Und seit dem jüngsten Fotobeweis eben auch wieder im Nordburgenland.

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Zuerst musste ein geeigneter Platz für die Fotofalle gefunden werden.

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Das war zunächst gar nicht so einfach.

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Mit diesen im Schilf installierten Fotofallen gelang der Bildnachweis des Zwergsumpfhuhns.

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Mit diesen im Schilf installierten Fotofallen gelang der Bildnachweis des Zwergsumpfhuhns.

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Akribie, Technik und Geduld brachten Jakob Vratny das gewünschte Bild.

Dichte, schmalblättrige Sumpfvegetation und seichte Wasserflächen bilden den Lebensraum des Zwergsumpfhuhns, schwer zugänglich und für Beobachter kaum einsehbar. Umso mehr freut sich Ornithologe Vratny über die Dokumentation. Brutnachweise wie im Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel bleiben deshalb meist Zufallstreffer. Selbst in idealen Biotopen ist die Art nicht jedes Jahr nachweisbar.

Mehrere Hoffnungssignale

Der Fund unterstreicht die große Bedeutung der Feuchtgebiete rund um den Neusiedler See für die Artenvielfalt im Seewinkel. Bereits durchgeführte und geplante Rückstaumaßnahmen im Nationalpark, die den Grundwasserspiegel in der gesamten Region anheben sollen, kommen Arten wie dem Zwergsumpfhuhn zugute.

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Renaturierte Flächen rund um die St. Martins Therme, zu sehen im Hintergrund.

Auch auf renaturierten Flächen wie jener bei der St. Martins Therme in Frauenkirchen gab es heuer einen Brutverdacht, der sich zwar nicht bestätigte, aber dennoch als Hoffnungssignal gilt. Denn solche Renaturierungen sind zentral für den Schutz gefährdeter Arten, wie es auch die EU-Naturwiederherstellungs-Verordnung vorsieht.

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