Adventmärkte: "Poller schrecken Terroristen nicht ab"

Die Polizei erarbeitet neue Sicherheitskonzepte.
Die Betreiber investieren viel in die Sicherheit, erstellen mit der Polizei neue Konzepte. Ein Terrorexperte sieht die Adventmärkte aber weiterhin als attraktives Ziel und warnt vor neuen Strategien.

Pünktlich zum Saisonstart der Weihnachtsmärkte am Freitag wird auch die Debatte um die Sicherheitsvorkehrungen und Terrorgefahr angeheizt. Die Veranstalter haben auch heuer zusammen mit der Polizei wieder entsprechende Konzepte ausgearbeitet, um gegen einen möglichen Terroranschlag gewappnet zu sein.

Adventmärkte: "Poller schrecken Terroristen nicht ab"
Betonklötze am Wiener Christkindlmarkt am Rathausplatz. Wien, 14.11.2017.
Am größten Weihnachtsmarkt Wiens – am Rathausplatz – soll dasselbe Konzept wie vergangenes Jahr zum Einsatz kommen. Denn auch dieses Jahr werden Müllmulden aufgestellt. Im vergangenen Dezember errichtete man nach dem Terror-Anschlag in Berlin die Container als Barrieren. Neu ist allerdings, dass es bei den Eingängen zum Rathauspark je vier Betonblöcke gibt, die im Boden fixiert wurden. Laut Stadt haben sie mehrere Tausend Euro gekostet. Der Zugang vom Ring wird durch die bereits vorhandenen Poller gesichert. Am Areal selbst werden Securitys unterwegs sein.

Für Terror-Experte Nicolas Stockhammer von der Universität Wien sind Weihnachtsmärkte "prinzipiell ein attraktives Ziel für Terroristen": "Dort treffen sich viele Menschen, es gibt einen religiösen Hintergrund und daher einen symbolischen Charakter."

Die baulichen Maßnahmen würden Terroristen nicht wirklich abschrecken: "Es ist wichtig zu betonen, dass Terroristen hochgradig flexibel und anarchisch sind. Wenn bestimmte Anschlagsszenarien wegen der Sicherheitsvorkehrungen nicht mehr durchführbar sind, dann werden sich diese Täter einfach etwas anderes überlegen." Davon ist man auch am Weihnachtsmarkt in St. Pölten überzeugt, weswegen die Veranstalter auf zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen verzichten: "Wenn da ein 40 Tonnen schwerer Lkw dagegen fährt, ist höchstens die Stoßstange verbogen", sagt Martin Koutny von der St. Pöltener Stadtverwaltung. Zudem mache es allein die Location des Marktes am Rathausplatz sehr schwierig, überhaupt in den inneren Bereich zu gelangen. Ähnlich verhält es sich auf den kleineren Weihnachtsmärkten in Wien, die schon durch ihre Lage eine Terror-Attacke mit einem Kfz unwahrscheinlich machen.

Neue Technik im Prater

Auf Poller setzt man hingegen in Schönbrunn. Bei den Eingängen Hietzinger- und Meidlinger-Tor ist jeweils ein Poller angebracht worden, um die Zufahrt zu erschweren. Diese sollen, wie auch die drei bereits länger vorhandenen Poller beim Haupttor, versenkbar sein. Die baulichen Maßnahmen kosten rund 100.000 Euro. Auch der Adventmarkt selbst wird heuer anders aufgestellt als in den Jahren zuvor. Dadurch sollen zwei weitere Ein- und Ausgänge geschaffen werden, um einen reibungslosen Abstrom zu gewährleisten.

Im Prater setzt man beim Adventmarkt am Riesenradplatz auf eine völlig neue Sicherheitsvariante. Hier werden bei allen Zugängen Poller auf Anti-Rutschmatten installiert und miteinander durch Seile fixiert. Das System sei staatlich geprüft. "Wir haben uns für dieses Konzept entschieden, weil wir der Zeit Rechnung tragen müssen", sagt Sprecherin Sonja Soukup. Auch am Riesenradplatz werden Securitys eingesetzt. Beim Weihnachtsdorf am Maria-Theresien-Platz wurden sieben Betonblöcke aufgestellt, die mit Geschenkspapier behübscht wurden.

Neben all den baulichen Maßnahmen wird die Polizei die Adventmärkte bestreifen. "Die Beamten sind in Uniform sowie in Zivil unterwegs", sagt Polizeisprecherin Irina Steirer. Konkrete Bedrohung gebe es aber keine.

Sicherheit auf Christkindlmärkten

Sicherheitskonzepte sind in den Landeshauptstädten zuweilen nicht so leicht umzusetzen. In Graz beispielsweise verteilen sich die Christkindlmärkte auf 14 Plätze. Dort verkehrt großteils aber auch die Straßenbahn, außerdem sind vier Meter freie Fläche für die Feuerwehr nötig. Dennoch werden Betonelemente an neuralgischen Stellen aufgestellt und durch Plakatwände behübscht. Polizeifahrzeuge werden an den Zufahrten aufgestellt.
Am Christkindlmarkt in Salzburg gibt es heuer erstmals einen Wachdienst rund um die Uhr. Am Dom- und Residenzplatz sollen private Sicherheitsleute auch für Ordnung sorgen, wenn die Marktstände geschlossen sind. Christkindlmarkt-Obmann Wolfgang Haider spricht von einer „Vorsichtsmaßnahme“. Die Polizei hat ebenfalls angekündigt, das Aufgebot an zivilen und uniformierten Einsatzkräften zu erhöhen. Auf eine gesonderte Barriere für Fahrzeuge verzichtet die Polizei unter Verweis auf die bestehenden Poller-Anlagen in der Altstadt.
In Villach werden die Sicherheitsmaßnahmen im Vergleich zum Vorjahr erhöht. „Wir verstärken die Streifentätigkeit. Und es wird heuer vermehrt Kontrollen von Personen geben, die nicht ins Bild eines Christkindlmarktes passen“, betont Stadtpolizeikommandant Erich Londer. In Klagenfurt sind bis dato keine speziellen Maßnahmen vorgesehen. Es gebe keine Anzeichen auf eine Gefährdung. Bis zur Markteröffnung am 18. November wollen Polizei und Verfassungsschutz die Lage weiter beobachten.
In Innsbruck wurden bereits im Vorjahr nach dem Lkw-Terroranschlag in Berlin Vorkehrungen getroffen, um bei der „Bergweihnacht“ Ähnliches zu verhindern. „Bei den Märkten in der Altstadt und am Marktplatz wird es auch heuer wieder massive technische Maßnahmen geben, die nach Möglichkeit dafür sorgen sollen, dass nichts passieren kann“, versichert Elmar Rizzoli, Leiter des städtischen Amts für Sicherheit und Veranstaltungen.
Um welche Art von Sperren es sich genau handelt und wo sie errichtet werden, will er aus Sicherheitsgründen aber nicht näher erläutern. Vergangenes Jahr besuchten rund eine Million Gäste die Innsbrucker Adventsmärkte.

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