Zwei Bretter, die die Welt bedeuten

Zwei Bretter, die die Welt bedeuten
Vom 14.-15.11. macht das Freeride Filmfestival Halt in Wien. Wir sprachen dazu mit Freeriderin Eva Walkner.

Eva Walkner fuhr lange Zeit für den ÖSV Kader, sattelte dann um und versuchte sich als Freeriderin. Mit Erfolg. Mittlerweile gehört die 33-jährige Salzburgerin zu den Besten der Welt und darf ihre Schwünge in die schönsten Tiefschneehänge setzten. Dabei wird sie regelmäßig gefilmt und ist so auch Teil des Freeride Filmfestivals, das vom 14. - 15. November im Wiener WUK Halt macht. Im Interview spricht sie über den Sport, Verletzungen und was sie im schneelosen Sommer macht.

KURIER: Du gehörst zu den besten Freeridern der Welt. Muss man verrückt sein, um den Sport auszuüben?
Eva Walkner: Das höre ich relativ oft. Die meisten glauben, man muss verrückt sein, jedoch sehen die wenigsten, welche Arbeit dahinter steckt.
Wir sind Profis und das was man im Fernsehen sieht ist nicht verrückt sondern sehr gut vorbereitet. Es ist nicht so, dass wir irgendwo hoch gehen bzw. fliegen und dann einfach mal so, ganz lustig, runterfahren. Da steckt eine jahrelange Erfahrung und für jeden einzelnen Run viel Vorbereitung dahinter.
Außerdem ist Freeriden nur so gefährlich, wie man es sich selbst macht. Ich kann es also relativ sicher ausüben oder aber auch viel riskieren.

Zwei Bretter, die die Welt bedeuten
Wie bist du zum Freeriden gekommen?
Ich bin lange im ÖSV Kader gefahren, hab also die gute alte "Rennlaufschule" durchgemacht. Dort hab ich die perfekte Technik gelernt, der Grundstein zum Freeriden. Es gehört schon noch eine Portion an Mut und und Erfahrung dazu um in diesem Sport erfolgreich zu sein. Aber seit ich denken kann, fahre ich gerne im Gelände  und als ich mich dann mit den fetten Freerideski versucht habe, wusste ich sofort: "Das ist es, was ich in Zukunft machen will." Ich hab danach sehr, sehr hart gearbeitet um es so weit zu schaffen. Es ist nicht nur ein Hobby sondern ein Full-Time-Job, den ich sehr ernst nehme, der aber auch extrem viel Spaß macht.

Die bekanntesten Extremsportler sind allesamt Männer. Ist es als Frau schwieriger sich zu behaupten?
Man hat als Frau in einigen Bereichen sicher Vorteile aber ich würde sagen, es ist für uns schon um einiges schwerer. In Österreich sind wir aktuell nur zwei Frauen, die den Sport professionell betreiben und davon leben können, Lorraine Huber und ich - und mit Nadine Wallner gibt es eine sehr starke Nachwuchsfahrerin. Bei den Männern sind es drei- bis viermal mehr. Natürlich auch weil einfach mehr Männer diesen Sport betreiben. Der Vorteil bei uns ist, dass die Dichte an Top-Fahrerinnen vielleicht nicht ganz so hoch ist wie bei den Jungs. Der Nachteil, dass wenige Mädels in große Videoproduktionen reinkommen. Wir müssen sehr oft mit weniger Budget auskommen und werden meistens auch nicht so gepusht wie die Jungs. Obwohl das Level von Jahr zu Jahr extrem ansteigt und die Top-Fahrerinnen mittlerweile schon eine richtig beeindruckende Leistung zeigen, besteht ein Skifilm trotzdem immer noch zu 90% aus Männern. Leider. Aber so ist es nun mal. Es ist einfach wichtig, eine gute Leistung zu bringen (zum Beispiel bei der Freeride World Tour) und sich professionell zu vermarkten. Wenn das Paket stimmt, werden die Sponsoren auch auf Frauen aufmerksam und so wie es bei mir ist, machen sie keinen Unterschied zwischen Frau und Mann.

Wie bereitest Du dich auf einen Run vor?
Da stecken viele Stunden, teilweise sogar Tage dahinter. Ich muss das Gelände, meine Linie zu 100% im Kopf haben. Nur dann kann ich meinen Run kompromisslos und mit Speed durchziehen. Eine gute Vorbereitung ist meistens enorm wichtig. Es kommt auch immer darauf an, in welchem Gelände ich mich befinde. Ob ich mich auskenne oder zum ersten Mal dort bin.

 

Was waren die schlimmsten Verletzungen, die Du dir bisher zugezogen hast?
Ich hatte eine Rippenfraktur mit fünf gebrochenen Rippen. Dazu kam, dass eine Rippe in der Lunge steckte und die Milz und Nieren geprellt bzw. eingerissen waren. Ich bin ziemlich knapp am Schlimmsten vorbeigeschlittert. Ansonsten halt das übliche, zwei Mal das Kreuzband, ein paar Knochenbrüche und diverse Bänderrisse bzw. Zerrungen.

Ist es nicht hart, nach einer schweren Verletzung wieder auf die Bretter zu steigen?
Für mich überhaupt nicht. In der Intensivstation hab ich zu meinen Freunden gesagt, in einem Monat bin ich wieder fit. Es dauerte dann zwar fast ein Jahr, aber ich glaube, ich verliere niemals die Motivation und Leidenschaft für diesen Sport, komme was wolle. Allerdings wird man vorsichtiger und lernt aus den Erfahrungen.

Wie gehst Du mit den Gefahren im Tiefschnee um?
Ich war schon oft in unangenehmen Situationen. Wir sind alle gut ausgebildet, haben Lawinenkurse besucht, machen Sicherheitstrainings, lesen viel über diese Thematik und verfolgen den ganzen Winter die Schnee- und Wettersituation. Die Sicherheitsthematik gehört dazu, jeden Tag. So wie auch der tägliche Lawinenlagebericht. So kann man das Risiko zwar nie ganz ausschließen aber relativ gut kalkulieren und minimieren.

Hörst Du Musik wenn Du fährst und wenn ja, was sind gerade Deine Top-5-Songs auf derPlaylist?
Nein, wenn ich im Gelände unterwegs bin, höre ich keine Musik. Gerade beim Freeriden ist es wichtig seine Ohren aufzusperren. Steinschläge, Lawinen, Setzungsgeräusche, Warnungen, etc. Ich muss alles hören wenn ich am Berg bin. Das ist extrem wichtig. Trotzdem, Musik ist unheimlich wichtig für mich. Am Start der Freeride World Tour hab ich meinen iPod natürlich dabei. Was da läuft ist recht unterschiedlich aber ganz sicher mal was von der Salzburger Band Steaming Satellites, Jack White, FM Belfast, The Naked and Famous, Hustle and Drone und Songs die gerade aktuell sind.

Kannst Du vom Freeriding leben? Was machst Du sonst noch um deine Brötchen zu verdienen?
Ja ich kann mittlerweile davon leben und bin echt glücklich darüber. Freeriden ist für mich ein Full-Time-Job.  Nebenbei mache ich aber noch ein wenig Pressearbeit für meinen Bruder Matthias (Motocross MX3 Weltmeister, Anm.) und für meinen Sponsor. Es macht einfach Spaß zu arbeiten.

 Wo sind die besten Tiefschnee-Gebiete in Österreich, die man auch mit einem Lift erreichen kann. Oder ist das sowieso ein No-Go für dich?
Es gibt in ganz Österreich großartige Skigebiete, von Vorarlberg bis in die Steiermark. Es kommt meistens nur auf die Schneesituation an. Der Lift ist ein Muss, sonst könnte ich ja jeden Tag nur eine Abfahrt machen. Ich bin ja Freerider und kein Skibergsteiger. Die meisten richtig guten Sachen erreicht man dann aber trotzdem nur mit kurzen oder auch längeren Märschen.

Was machst Du im Sommer?
Also letzten Sommer war ich zwei Monate surfen, in Panama und Frankreich. Diese Auszeit gönne ich mir auch. Danach geht es dann wieder ziemlich intensiv weiter mit Training, Sponsorentermine, Winterplanung, usw.

Das Freeride Filmfestival macht am Mittwoch und Donnerstag bereits zum dritten Mal Halt in in Wien und bringt wieder Tiefschneegefühl in die schneearme Stadt. Mit atemberaubenden Aufnahmen verdeutlichen die Freerider nicht nur ihr Können sondern auch die Herausforderungen sich Traumabfahrten zu erkämpfen. Immer neue Kameraperspektiven sowie das Zusammenspiel aus Abenteuer, Sicherheit und Respekt vor der Natur geben den Filmen eine neue Dimension. Neben den Filmhighlights wird es unter anderem Sicherheits-Workshops der österreichischen Bergrettung, dem LineHunters Clip Battle - einen Videowettbewerb im Vorfeld, Autogramm-Sessions mit den Athleten, eine EXPO im Foyer mit der neuesten Sportausrüstung und mit Infos zu Freeriden Angeboten aus den Regionen Stubaital, Innsbruck und St. Anton, fachkundige Moderation durch den erfahrenen Freerider und FM4 Moderator Heinz Reich, Harry Putz, österreichischer Filmemacher und Ex-Snowboardpro sowie Flo Orley, Österreichs erfolgreichster Rider der Freeride-Worldtour geben.

KURIER.at verlost für das Freeride-Filmfestival 2x2-Tickets. Ein Mail mit dem Betreff "Break Free" an kult(at)kurier.at reicht. Die Gewinner werden per Mail verständigt.

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