Feist in Wien: Massenchor und Spieldose

Feist in Wien: Massenchor und Spieldose
Leslie Feist pendelte in Wien gekonnt zwischen Indie und Pop.

Eine "traurige, Mitleid erregende Person, die am Leben verzweifelt", hat man Leslie Feist einmal erzählt, soll ihr Nachname in Deutsch bezeichnen. Weshalb sich die 36-jährige Kanadierin Samstagabend beim Wien-Konzert wunderte, dass der Gasometer restlos ausverkauft war: "Trotzdem seid ihr alle gekommen – danke!"

Bitte, gern. Denn Feist hat sich nach Anfängen als Mitstreiterin der Electroclash-Pionierin Peaches und der Alternative-Band Broken Social Scene als Solo-Künstlerin geschickt dort platziert, wo Indie-Rock und Mainstream ihre Schnittmenge haben. Und das beschert ihrer Musik einen einnehmenden Variantenreichtum – sowohl emotional als auch musikalisch.

Verstärkt wird Feist auf dieser Tour von Mountain Man, einem amerikanischen Folk-Gesangstrio, das im Gasometer vom ersten Song an die Akzente setzt. Als "zusätzliches Instrument" hat Feist Amelia, Molly und Alexandra engagiert, setzt ihren allzeit perfekten Satzgesang genauso für klassisch schöne, manchmal fast sakrale Harmonien ein wie für zickige, schräge Akkorde, wenn der musikalische Unterbau subversiv mit Industrial flirtet.

Wuchtig

Feist in Wien: Massenchor und Spieldose

Dazu spielt jeder der drei Männer in der Band mehrere Instrumente – einer neben Trompete und Mundharmonika bei "Get It Wrong Get It Right" sogar eine Lochplatten-Spieldose, und natürlich alle jede Art von Trommeln.

Denn stampfende, wuchtige Rhythmen mit metallisch-verzerrten oder bluesigen Gitarren sind die Basis der Songs ihres jüngsten Albums "Metals", auf die sich Feist im Gasometer konzentriert. Darüber legt sie ihre geschmeidige Stimme, die sich von Gefühl zu Gefühl biegt, verträumt, wütend, melancholisch, zärtlich, aber auch fröhlich klingt. Letzteres naturgemäß bei Songs von den ersten, unbeschwerteren Alben, vor allem bei "My Moon My Man" oder "Past In Present" vom 2,5 Millionen Mal verkauften "The Reminder".

All das macht Feist so spannend, dass man bei den leisen Stellen eine Stecknadel fallen hören könnte. Sie entfacht keine überbordende Euphorie, aber ein stilles Gebanntsein, eine hingebungsvolle Konzentration, mit der die Wiener gegen Ende so gar einen vierstimmigen Massenchor mit einem gar nicht so simplen Akkord passabel hinkriegen.

KURIER-Wertung: **** von *****

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