Die Retourkutsche kommt mit der Retusche

Was Symbolpolitik auch bewirken kann, das zeigten diese Woche mehr als 40 Staats- und Regierungschefs aus aller Welt, die sich zu besagtem Solidaritätsmarsch in Paris verammelt hatten. Auch die deutsche Kanzlerin hatte am teilgenommen ein wichtiges Zeichen der Solidarität gesetzt, das jeder versteht - sollte man zumindest meinen.
Das Entfernen unliebsamer Personen aus Fotografien hat traurige Tradition.

Angela Merkel, Arm in Arm mit dem französischen Präsidenten François Hollande, Seite an Seite mit über 40 Regierungschefs aus aller Welt. Das Bild der vereint marschierenden Politiker ging - allen Vorwürfen der Inszenierung zum Trotz - als starkes Zeichen der Solidarität mit den Opfern der Charlie-Hebdo-Anschläge um die Welt. Die ultraorthodoxe Zeitung Hamodia aus Israel sah darin aber vor allem ein Verstoß gegen das religiöse Verbot, Frauen abzubilden.

Anstatt ganz von der Veröffentlichung Abstand zu nehmen, entschied man sich dafür, alle Frauen - neben Merkel war u.a. auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini zu sehen - aus dem Bild zu retuschieren. Kein Novum, nur allzu auffällig vielleicht. Aber unliebsame Personen aus Fotografien zu retuschieren hat lange (und traurige) Tradition. Siehe hier . . .

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Reuters

Herrschaftsbilder

Die Macht des Bildes hatte schon immer viele Neider, die sich ihrer bemächtigen wollten. Bereits im 19. Jahrhundert war es möglich, Bilder mittels verschiedenster Techniken zu manipulieren. Anfang des 20. Jahrhunderts schlugen sich die Wirren der russischen Revolution auch in einer regen Fälschertätigkeit nieder. So ließ Stalin etwa den in Ungnade gefallenen ungarischen Revolutionär Tibor Szamuley aus einem Bild herausretuschieren, auf dem er hinter Lenin stand. Ein berühmteres Opfer stalinistischer Zensur war Leo Trotzki. Nicht nur die Geschichte wird von Siegern geschrieben, sie machen sich auch ihre Bilder dazu.

Mit modernen Bildbearbeitungsprogrammen sind die Möglichkeiten der Manipulation geradezu grenzenlos. Kommerziell und künstlerisch genützt, haben wir uns längst daran gewöhnt. Dass dieselben Verfahren, die Models von Cellulite befreien, auch zu politischen Zwecken eingesetzt wurden (und offenbar werden) überrascht jedoch immer wieder. Von einer Vertrauenskrise des Bildes kann keine Rede sein. Wir glauben es erst, wenn wir es sehen. Aber wenn wir es sehen, dann müssen wir es auch glauben.

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