"Die Alm": Keine Show ohne dralle Blondine
Gina-Lisa Lohfink macht derzeit gerade etwas durch, was man als "Berufsstress" bezeichnen kann, auch wenn es sich gar nicht nach Arbeit anhört. Im Juli war sie auf Mallorca, um ein bisschen mit Sängerin "Loona" zu schmusen. So macht man das 2011, wenn es eine neue CD und sich selbst zu vermarkten gilt. Dass sowohl Loona als auch Lohfink ihr Handwerk verstehen, bewiesen die Zeitungsschlagzeilen. "Ich bin jetzt mit Loona zusammen", hieß es da. Ein Bericht über die Produktion des Musikvideos, samt CD-Titel und Kussfotos folgten. Ob aus der jungen Liebe etwas geworden ist, interessiert vielleicht unverbesserliche Romantiker. Loona und Gina-Lisa, die sich längst wieder getrennt ihren Karrieren widmen, bestimmt nicht - bei dem Terminkalender. Nehmen wir einmal Gina-Lisa. Mitte August zog sie, zum warm werden sozusagen, für einige Tage ins "Big Brother"-Haus. Denn seit 20. August ist die ehemalige "Germany's Next Topmodel"-Kandidatin mit dem drallen Busen als Protagonistin der Pro7-Dokureihe "Die Alm" aktiv. Dazu residiert sie auf 1.775 Metern Seehöhe in Südtirol, obwohl residieren ein wenig übertrieben ist. Der Schauplatz des organisierten TV-Erbrechens: Ein alter Bergbauernhof mit winzigen Betten, ohne Strom und fließendes Wasser, dafür mit Gülle-Vollbädern und Ekelproben á la ich melke eine Kuh mit dem Mund. Lohfink macht trotzdem mit - oder gerade deswegen.
Aufmerksamkeit als Währung: Lieber peinlich berühmt als gar nicht
Die Superblondine repräsentiert im deutschsprachigen Raum, wofür Kim Kardashian in den USA steht. Für eine Karriere, die wenn überhaupt, in einer Casting-Show beginnt, in Doku-Soaps fortgesetzt und im besten Fall mit einer eigenen Fernsehsendung gekrönt wird. Frei nach dem Motto: "Ehe ich gar nicht berühmt werde, werde ich eben durch eine Peinlichkeit bekannt." "Aufmerksamkeit ist in unserer Gesellschaft eine große Währung", weiß der renommierte deutsche Kommunikationswissenschaftler Jo Groebel. "Es ist egal, wodurch man heute auffällt. Es bringt Ruhm, sorgt für Privilegien und steigert in weiterer Folge den Selbstwert." Eine Leistung zu erbringen, sei dabei gar nicht mehr erforderlich. "Man ist prominent, weil man prominent ist. Es reicht, keine Hemmungen und ein loses Mundwerk zu haben."
Selbst Politiker bei Reality-Formaten dabei
Etwas, das Frauen wie Lohfink oder VOX-Reality-Star Daniela Katzenberger mitbringen. "Im Leben zählen die inneren Werte, also auch Silikon", ist eine der Katzenbergerschen Lebensweisheiten. Eine andere lautet: "Das Leben ist wie ein Schlüpfer. Entweder er sitzt oder er ist beschissen." Ebenfalls erdig versteht sich Kollegin Lohfink auszudrücken und kommentiert erledigte Dinge stets mit den Worten: "Zack, die Bohne."
Eine Ausdrucksweise, die so falsch nicht sein kann, verdienen Lohfink & Co. mit wenig Inhalt viel Geld. Ein Auszug aus Lohfinks heuriger Bilanz: Werbegesicht des Computerspiels "War2Glory" samt Kalender, ein Auftritt als Gaststar im Musical "Grease" in der Alten Oper in Frankfurt und Mitwirkende in Willi Herrens Kurzfilm "Blauer sucht Frau". "Die Grenzen zur Peinlichkeit haben sich verschoben", sagt Kommunikationsexperte Groebel. "Selbst Politiker scheuen sich nicht mehr, bei Reality-Formaten mitzutun. Die soziale Ächtung der Peinlichkeit schwindet."
Aus Geldmangel beim "Dschungelcamp" dabei
Als Beispiel gibt Groebel das Gespräch mit einem deutschen Star-Manager wieder. Er habe ihm erzählt, dass er seinen Klienten nicht mehr von der Teilnahme am "Dschungelcamp" und ähnlichen Formaten abraten könne. "Er meinte, dass es für Promis möglich wäre, bei einer Reality-Soap mitzumachen, ohne geächtet zu werden." Was "Ex-Dschungelcamper" wie Mariella Ahrens beweisen. 2004 musste die unterbeschäftigte Schauspielerin aus Geldmangel noch am "Dschungelcamp" teilnehmen, heute ist sie mit Patrick Graf Faber-Castell verheiratet und selbst Gräfin. "Aber beim Thema Geld kann man diese Shows mit einem Fragezeichen versehen", meint Experte Groebel. "Ist es moralisch vertretbar, die Notlage eines Menschen auszunützen, um ihn vorzuführen?"
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