Der Tod ist nicht sterbenslangweilig

Tag der offenen Tür: Jahr für Jahr testen Tausende zu Lebzeiten den Liege-Komfort in „ihren“ Särgen
Service, Sonderwünsche & Skurrilitäten – vom „Probeliegen“ bis zur Urne im Hanappi-Stadion

Einstiegsfrage: Wer ist Österreichs größter Wirtschaftskapitän? Der Gärtner vom Zentralfriedhof! Weil der hat drei Millionen „unter sich“.

Lachen Sie nicht (besser: Lachen Sie sich nicht tot): Es gibt allein 80 Wienerlieder, die sich leichtlebig mit dem Tod befassen – und 600 Synonyme fürs Dahinscheiden in dieser Stadt. Favorit seit Jahrzehnten: „Häng da do a Leintüachl um und hupf aufn 71er!“ (Die Bim, die zum Zentralfriedhof führt).

Wittigo Keller (66) hat 1987 das Bestattungsmuseum konzipiert und gestaltet und seither mehr als 50.000 Menschen mit einem besonderen „Nahtoderlebnis“ vertraut gemacht: Sie dürfen in echten Särgen probeliegen: „Kein Einziger hat es bisher abgelehnt. Man fin-det Ruhe und Frieden wie im Mut-terschoß. Das ist ein Hit – und ein Kick.“ Perfektes Stichwort („Kick“): Der dringende Wunsch eines Rapid-Fans, seine Urne direkt unter der Mittelauflage der Hütteldorfer Heimstätte „Sankt Hanappi“ vergraben zu lassen – „Grün-Weiß bis in den Tod!“ –, wurde leider abgelehnt.

Der Tod ist nicht sterbenslangweilig
grabmal hrdlicka HONORARFREI
Sonst gilt, weitestgehend, künstlerische Freiheit. Keller zeigte einst deutschen Priestern das Grab des Bildhauers Alfred Hrdlicka ( 2009), auf dem seine erste Frau Barbara ( 1994) über dem „Penis des Todes“ tanzt. „Eine Oma, die gerade das Nachbargrab goss, beruhigte die erregten Gottesdiener: ,Ma g’wöhnt si an ois – und außerdem sehn S’ es von der Seit’n vü besser.’“ In Wien wohnen Eros und Thanatos – also die Götter der Liebe und des Todes – seelisch weit näher beieinander als sonstwo.

In die Witzkiste eingegangen ist ja auch die Aufschrift auf der Schleife des Kranzes, den einst eine Witwe ihrem teuren Verblichen- en hinterlegte: „Es war viel zu kurz – dein Spatzi.“

Wohl nirgendwo auf dieser Welt gibt es ein so mannigfaltiges Angebot, würdig, gelegentlich sogar merkwürdig, abzutreten. Dank der, in den letzten Jahren stark im Trend liegenden, Feuerbestattung wird etwa der „Gedenkstein“ zum Renner: Für bis zu 17.000 Euro – nach oben keine Grenze – ist ein Einkaräter aus dem Kohlenstoff der Asche des Leichnams möglich. Finger-, Hand- und Gesichtsabdrücke, weiß Florian Keusch (32), Pressesprecher der Bestattung und Friedhöfe Wien, gelten ebenso als „todschick“ wie die von hinterbliebener Hand selbst bemalbaren Urnen.

Auch bei den Grabbeigaben ist man großzügig: „Das geht bis hin zum Fernseher – nur Umweltschädliches oder Pietätloses wird abgelehnt.“ Meist landen Todesursachen drin: Wein, Bier & Schnaps.

Kommentare