Bryan Adams: Schmusen in der Bubengarderobe

Bryan Adams: Schmusen in der Bubengarderobe
Ein Bad funktioniert in der Wiener Stadthalle: Das Nostalgiebad. Bryan Adams zeigt, wie das unpeinlich funktioniert.

Die Kanadier sind, so meint man, ein freundliches Völkchen und Bryan Adams ist in dieser Hinsicht wohl ihr erfolgreichstes Exportprodukt. "Bei euch riecht es nach Schweiß wie in einer Bubengarderobe", sagt er den Wienern in ihrer Stadthalle – und keiner, aber auch gar keiner ist ihm böse dafür.

Adams, auch schon 52, ist und bleibt der nette Superstar des leichten Zuhörens– ein oft unterschätzter Lieferant von Hochzeitssongs, die länger bestehen bleiben als die meisten Ehen. Und wir sagen es jetzt frei heraus: Das darf man mögen.

Es ist Musik gewordene Nostalgie: ein Rückblick auf all die Möglichkeiten, die offen standen, als die Emotionen noch so simpel waren wie ein Poprocksong.

Ausgang

Wir Kids von einst, die wir nach Feierabend bis zum Hauptabendprogramm natürlich immer noch rocken wollen, sind längst erwachsen geworden, mussten nach den kurzen besten Tagen des jeweiligen Lebens Staub und Stolz fressen – und bekommen nun für zweieinhalb Stunden emotionalen Ausgang. 55, und immer noch 18 im Herzen. Da war doch einst Hoffnung?

Derartige Psychohygiene kann nicht schlecht sein. Vor allem nicht, wenn man als Soundtrack zum Rückblick ein dementsprechendes Angebot an Gut-Fühl-Hits dargeboten bekommt, mit der unverwechselbar rauchigen Stimme.

Adams, kanadischer Diplomatensohn, der als Bub auch einige Zeit in Wien lebte, erzählt von Liebe, von Sehnsucht, vom Jungsein – und es tut alles nicht weh, nein, es macht Spaß, was will man da mehr. "Heaven", "Summer of ’69", "Everything I Do", "Please Forgive Me", "Run To You", "All For Love" – gute Bekannte, die man immer einzuladen vergisst, aber sehr gerne zufällig trifft. Sie alle waren da, gaben eine dankbare Vorlage zum Klatschen, Tanzen und Schmusen ab.

Rundherum wurde das Standardrepertoire der Publikumsbeglückung geboten: Langzeit-Gitarrist Keith Scott darf sich zum Saitenkasperl machen (mit den Zähnen!), bei ausgewählten Hits darf man Adams per Mini-Mikrofonkamera bis in die Mandeln schauen, mal wird auf Bratpfannen Musik gemacht, mal das Publikum zum Mitsingen animiert.

Adams schäkert und schaut dabei fit und gut gelaunt aus. So will man alt werden, beziehungsweise so wäre man gern alt geworden, in den 20 Jahren, die seit "Waking Up the Neighbours" vergangen sind (dieses Jubiläum wird auf der Tour gefeiert, auf deren Plan am Freitagabend auch die Salzburgarena stand).

Aber eines darf man getrost auf der Habenseite verbuchen: Für Pop ist man nie zu alt.

KURIER-Wertung: **** von *****

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