Annette Meisl ist die Göttin der Jagd

Annette Meisl ist die Göttin der Jagd
Annette Meisl braucht keinen perfekten Mann – sie hat mehrere, die ihre Bedürfnisse erfüllen. Warum, verrät sie im KURIER-Interview.

Ein Mann ist zu wenig – sie will fünf. Das beschließt Annette Meisl, als ihre Ehe nach fünfzehn vermeintlich glücklichen Jahren scheitert. Ihr Mann hat sie wie selbstverständlich betrogen. Meisl startete daraufhin ihr persönliches 5-Lover-Projekt, in dem sie die Spielregeln der Liebe selbst bestimmt. In ihrem pikant-schlüpfrigen Erstroman verwirft die Künstler-Managerin und Gründerin eines Zigarrensalons aus Köln die gängigen Vorstellungen einer Zweierbeziehung. Im KURIER-Interview zeigt sie die Lücken der Emanzipation auf und gibt Tipps, wie Frauen verhindern, aus jedem Frosch gleich einen Prinzen zu machen.

KURIER: Frau Meisl, Sie stellen in Ihrem Buch die gängigen Vorstellungen von Emanzipation und Monogamie auf den Kopf. Was verstehen Sie unter Emanzipation?
Annette Meisl:
Die Emanzipation, die mit der sexuellen Revolution erreicht wurde, ist sehr wichtig, aber da ist ein Vakuum entstanden, in dem alte Muster überlebt haben. Viele Menschen leben diese Monogamie-Farce – was tun sich diese Leute an? Sie lieben sich nicht mehr, haben keinen Sex mehr und leben einen komischen Kompromiss, um gesellschaftlichen Normen zu entsprechen.

Ich habe mich selbst immer wieder gefragt, warum gerade ich alles durch die rosarote Brille gesehen habe, ohne zu bemerken, dass mein Mann mich betrügt. Ich bin als selbstständige Geschäftsfrau doch der Prototyp einer emanzipierten Frau. Es ist interessant, dass wir in einer Welt mit erfolgreichen Frauen leben, die zu Hause trotzdem noch alte Bilder erfüllen und sich überlegen, wie sie es ihren Männern recht machen können.

Was sollte also das Ziel der modernen Frau sein?
Wir Frauen sollten uns auf unsere eigenen Bedürfnisse besinnen. Was mache ich, weil ich es will? Esse ich Spaghetti Bolognese, weil ich das will oder weil man Mann sie gerne isst? Die meisten Frauen können perfekt für alle möglichen Leute in ihrem Umfeld sorgen, aber sie selbst kommen in dem Drehbuch nicht vor. Das Ich zu betonen gilt bei Frauen als egoistisch – bei Männern als charakterstark. Es geht darum, sich das Recht zu nehmen, ohne einem schlechten Gewissen egoistisch zu sein.

Annette Meisl ist die Göttin der Jagd

Sie wurden betrogen und haben der Zweierbeziehung vorerst abgeschworen. Wie wichtig ist Ihnen Treue?
Die wird gesellschaftlich erwartet. Hintergründig wird aber mit zweierlei Maß gemessen. Untreue Frauen gelten als Schlampen – untreue Männer sind Casanovas. Frauen haben automatisch auch mehr Schuldgefühle als Männer. Letztere reden sich oft mit Steinzeit-Argumenten auf ihre Gene raus. Frauen betrügen meist aus Rache oder, weil in der Beziehung sexuell nichts mehr läuft. Sie haben nie einfach so Lust auf einen Seitensprung wie Männer.

Woran liegt das?
Ich denke, Männer sind näher an ihrem Sexualtrieb als Frauen. Ich habe mir viel von den Männern abgeschaut, dass ich Sex jetzt so genießen kann. Ich habe Lust und nehme mir das auch heraus. Frauen wollen sich jedoch meist zuerst verlieben. Jeder neue Mann wird sofort in einen Prinzen verwandelt. Ich wollte herausfinden, ob ich auch wie ein Mann denken kann. Und ja, auch Frauen können Sex einfach so genießen – ohne Romantik und ohne Zukunftspläne.

Wie verhindern Frauen, dass sie aus jedem Frosch einen Traumprinzen machen?
Ich habe das regelrecht geübt. Ich musste lernen, es auszuhalten, wenn man dieses Gefühl der totalen Anziehung hat. Da gilt es, gezielt andere Sachen zu machen und sich abzuhärten. Heute brauche ich nicht den perfekten Mann. Ich kann tolerant sein, weil ich mehrere habe. Es ist typisch für Frauen, dass sie ihren Partner immer verändern und zurechtbiegen wollen. Jeder würde viel mehr gewinnen, wenn wir lernen würden, wahrhaftig zu sein und das Gegenüber so zu lieben, wie er ist – ohne ein Trugbild. Verändern kann ich mich nur selbst.

Funktioniert die Zweierbeziehung in der heutigen Zeit überhaupt noch?
Ich denke schon, aber das sind Ausnahmen. Wir leben in einer so mobilen Gesellschaft, dass Zweierbeziehungen nicht mehr sinnvoll sind. Leute, die ständig unterwegs sind, nehmen niemandem etwas weg, wenn sie da oder dort einen Geliebten haben. Wichtig ist die Treue des Herzens, der Respekt. Das ist viel wichtiger als die körperliche Treue. Herzenstreue ist wie Liebe – die wird nicht weniger, wenn man sie mit mehr Menschen teilt.

Wie lässt sich Ihr Lebenskonzept mit einer Familie vereinbaren?
Ich habe selbst keine Kinder. Natürlich wäre es wünschenswert, dass Kinder in einem klaren, liebevollen Umfeld aufwachsen.

Was sagen Männer zu Ihrem Buch?
Die Männerwelt ist nicht gerade begeistert. Wir nehmen ihnen ja eine Domäne weg. Es war bisher doch recht komfortabel, den Frauen einzureden, sie sollen monogam sein, damit sie in Ruhe auf die Jagd gehen können.

Viele Paare bleiben zusammen, weil sie im Alter nicht alleine sein wollen ...
Wenn ich mir vorstelle, ein Mann ist nur mit mir zusammen, weil er Angst hat, irgendwann alleine zu sein, ist das erschreckend. Ich habe keine Angst davor. Am Anfang nach meiner Trennung war das Alleinsein sicher ein Problem, aber heute bin ich reich an Freunden. Es ist wichtig, inneren Reichtum zu entwickeln, es sich selbst schön zu machen.

Würden Sie sich derzeit als Single bezeichnen?
Single klingt so einsam und verloren. Ich bin eine freie Frau mit vielen Freunden.

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