Steirische AT&S setzt voll auf "Made in China"

AT&S-Werk in Chongqing
Leiterplattenhersteller eröffnet Werk in der größten Stadt der Welt. Androsch: "Tanzen, wo die Musik spielt."

Der steirische Leiterplattenhersteller AT&S rüstet sich für den anhaltenden Smartphone-Boom und startete dieser Tage die erste Serienfertigung an seinem neuen Produktionsstandort in der zentralchinesischen Stadt Chongqing. Auf einer Fläche von 38.000 werden dort Bauteile für Mikroprozessoren, so genannte IC-Substrate, hergestellt. Diese stellen die Verbindungsplattform zwischen Mikrochips und Leiterplatten dar, "übersetzen" quasi die Nano-Strukturen des Chips auf die Leiterplatte.

Eingesetzt werden IC-Substrate u.a. in Laptops, Smartphones oder Tablets, aber auch in der Bauteilen für Fahrzeuge oder Industriekomponenten. Der Standort besteht aus zwei Werken, wobei die Fertigung substrat-ähnlicher Leiterplatten noch im Aufbau ist und in der zweiten Jahreshälfte anlaufen soll.

Größte Stadt der Welt

Chongqing ist nach Schanghai bereits der zweite Standort von AT&S in China. Die mit 33 Millionen Einwohnern größte Stadt der Welt gilt als Mekka der chinesischen Hightech-Industrie. 210 der weltweiten Top-500-Betriebe haben sich hier angesiedelt, darunter die größten Handy-Zulieferer wie der Apple-Fertiger Foxconn. Im Vorjahr wurden 60 Millionen Laptops und 170 Millionen Handys in Chongqing gefertigt, heuer sollen schon 350 Millionen Geräte mit eingebauten Chips die Werkshallen verlassen. "Man kann nur dort tanzen, wo die Musik spielt", brachte AT&S-Mitgründer und Aufsichtsratschef Hannes Androsch bei der Eröffnungsfeier die Standortwahl auf den Punkt. Nahezu alle Mitbewerber seien bereits hier, von Europa aus wäre man auf dem Weltmarkt nicht mehr konkurrenzfähig. Es sei nicht so, dass Jobs aus Österreich nach Asien verschoben würden, vielmehr sichere die Asien-Expansion auch die Arbeitsplätze in Österreich.

480-Millionen-Investment

Insgesamt 480 Millionen Euro nimmt AT&S für beide Werke in die Hand. "Wir brauchen alle vier Produktionslinien, um in die schwarzen Zahlen zu kommen", erläuterte AT&S-Vorstandschef Andreas Gerstenmayer. Durch die neuen Kapazitäten steigt der Umsatzanteil Asiens auf mehr als 80 Prozent und China wird zum zentralen Standbein für die Steirer.

Aktuell sind 1700 Mitarbeiter in Chongqing beschäftigt, der Anteil der Arbeitskosten liegt bei nur zehn bis zwölf Prozent, in Österreich bei 30 Prozent. Gewerkschaften gibt es in der Region (noch) keine. Für die bestehenden heimischen Standorte in Leoben und Fehring sieht Gerstenmayer keine Gefahr, "solange sie profitabel sind". Dies sei nur durch Spezialisierung auf hochkomplexe Nischen statt Massenfertigung möglich. "Es wird in Europa immer schwerer, Rohstoffe und Komponenten zu bekommen", so Gerstenmayer, denn die gesamte Branche siedle langsam vom Kontinent ab, "zuerst die Produktion, dann die Materialen und dann das Equipment."

Insgesamt beschäftigt AT&S rund 8500 Mitarbeiter weltweit, darunter 1200 in Österreich. Neben den Produktionsstätten in China (Schanghai, Chongqing) und Österreich (Leoben, Fehring) hat AT&S noch Werke in Korea und Indien.

Steirische AT&S setzt voll auf "Made in China"

Chongqing ist mit 33 Millionen Einwohnern die größte Stadt der Welt und spielt auch eine zentrale Rolle im derzeit größten Entwicklungsprojekt Chinas namens „One Belt One Road“ (zu deutsch: ein Gürtel, eine Straße). Dieses Projekt will die alte Seidenstraße wieder beleben und soll über eine umfassende, neue Infrastruktur für Eisenbahn und Schifffahrt China über Zentralasien mit Westeuropa verbinden.

Chongqing in Zentralchina, eine von vier direkt der Zentralregierung in Peking unterstellten"Statutar-Städten", wird dabei die Verbindungsroute von Schanghai über den Jangtse-Fluss ausbauen. Die Stadt und die umliegende Region sind so groß wie Österreich. Um die Projekte voranzutreiben hat sich Chongqings Bürgermeister Huang Qifan ein internationales Beratungsteam mit 35 Vorstandschefs der Top 500–Unternehmen zusammengestellt. Auch AT&S-Miteigentümer und Aufsichtsratsvorsitzender Hannes Androsch ist eines der Mitglieder und berät den Bürgermeister. Seine langjährige Erfahrung als Industrieller und seine ehemalige Position als Finanzminister waren dafür ausschlaggebend.

Bürgermeister Huang hielt auch eine längere Rede anlässlich der Eröffnung des AT&S-Werkes in Chongqing. Darin stellte der gelernte Ingenieur klar, dass seine Stadt in den nächsten Jahren noch eine viel größere Rolle als chinesisches Zentrum für die Hightech-Industrie spielen möchte. Das Wirtschaftswachstum in der Region soll in den nächsten fünf Jahren jährlich um 13 Prozent wachsen und damit doppelt so stark als für ganz China.

Schwerpunkte seien sowohl die Computer- und Internetbranche als auch die Entwicklung neuer, "smarter" Autos. "Die neue Fabrik von AT&S gibt unserer Elektronikindustrie einen starken Impuls", sagte Huang, der die Ansiedelung u.a. mit Steuerzuckerln und Förderungen aktiv unterstützte.

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