Wissen/Wissenschaft

Artenvielfalt: Wie viele Einwanderer verträgt die Natur

Neuankömmlinge sind nicht immer willkommen. Ob Pflanze oder Tier - eingeschleppte Arten können negative Folgen für Umwelt und Mensch haben. Sie können eventuell andere Arten verdrängen oder Krankheiten übertragen.

Wie dramatisch die Folgen sind, haben nun Wiener Forscher analysiert. Demnach führt ein Anstieg invasiver Arten von 20 bis 30 Prozent in Zukunft global zu einem dramatischen Verlust der Artenvielfalt, berichten sie im Fachjournal "Global Change Biology".

Bedrohliche Invasion

Seit der Mensch reist und dabei Waren mit sich führt bzw. quer durch die Lande schickt, bringt er (un)absichtlich Tiere und Pflanzen in neue Regionen der Welt. Wenn die Umstände dort einigermaßen passen, können sich die Fremdlinge in der neuen Heimat nachhaltig ausbreiten - Fachleute bezeichnen sie als "Neobiota". Ihre Verbreitung in den vergangenen Jahrhunderten ist relativ gut erforscht, für die zukünftige Entwicklung gibt es kaum Prognosen.

Umfrage

Das haben Franz Essl, Bernd Lenzner und Stefan Dullinger vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien nun geändert. Sie haben in einer standardisierten Umfrage Kollegen um deren Einschätzung gebeten. Und kommen zu dem Schluss, dass schon ein Anstieg eingeschleppter Arten um 20 bis 30 Prozent als ausreichend für massive globale Biodiversitätsverluste gesehen wird.

Mensch fördert Ausbreitung

Dies sei ein Wert, der angesichts der zunehmenden Zahl an Neobiota bald erreicht sein dürfte, betonen die Wissenschafter. Der Grund für die weitere Zunahme gebietsfremder Arten ist vor allem menschgemacht: Den Experten zufolge liegen die Ursachen dafür vor allem im zunehmenden globalen Warentransport, dem Klimawandel und dem Ausmaß des wirtschaftlichen Wachstums.

Beispiel Nachtbaumnatter

Als Beispiel nennen die Wissenschafter die Braune Nachtbaumnatter (Boiga irregularis). Die Schlange wurde durch den globalen Warentransport auf diverse Inseln weltweit eingeschleppt, wo sie als Fraßfeind auftritt und mittlerweile für das lokale Aussterben unterschiedlicher heimischer Arten verantwortlich ist.

Touristen als Verschlepper

Künftig erwarten die Experten eine besondere Rolle des Tourismus bei der Einschleppung von Arten in tropische und subtropische Regionen. Dagegen werde der Klimawandel mit milderen Wintern vor allem in den polaren und gemäßigten Regionen das Überleben und die Etablierung von Neobiota begünstigen.

Politik ist gefordert

Die Studienautoren verweisen auf die Verantwortung der politischen Entscheidungsträger zu handeln, um künftig den Einfluss von Neobiota und damit die negativen Folgen für die globale Biodiversität und unsere Gesellschaft zu reduzieren. Schließlich könne bei ambitionierten Gegenmaßnahmen die Ausbreitung von Neobiota stark gebremst werden. Lenzner: "Die Ergebnisse bilden eine wichtige wissenschaftliche Grundlage für die Weiterentwicklung internationaler Abkommen, wie den Sustainable Development Goals oder der Biodiversitätskonvention."