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Verhandlungen laufen: Psychotherapie-Ausbildung künftig an öffentlichen Unis?

In Österreich muss man sich die Ausbildung zum Psychotherapeuten leisten können, zwischen 23.000 und 65.000 Euro kostet sie aktuell. Mit einer Novelle des Psychotherapiegesetzes, an der das Gesundheitsministerium aktuell arbeitet, könnte die Ausbildung an die öffentlichen Unis wandern. Noch laufen Verhandlungen. Darüber, die Ausbildung an die Unis zu holen und damit kostengünstiger zu machen, herrscht laut Grünen-Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner aber weitgehend Konsens.

Noch sei man mitten in der Abstimmung und es gebe noch einige potenzielle Hürden, betont er gegenüber der APA. Einigkeit mit dem Koalitionspartner herrsche aber darin, dass die Ausbildung künftig nicht mehr an außeruniversitären Ausbildungseinrichtungen, sondern im Rahmen eines ordentlichen Studiums (Bachelor, Master) erfolgen soll und zwar in erster Linie an den öffentlichen Universitäten. Angebote an Privatunis wie aktuell an der Sigmund Freud Privatuniversität wären aber weiter möglich.

Leistbarer

Außer Streit steht außerdem, dass die Ausbildung in Zukunft nicht mehr so viel kosten soll. "Wir wollen, dass das ein ganz normales ordentliches Studium ist, das sich jeder und jede mit Studienberechtigung dann auch leisten kann", so Schallmeiner. Dadurch soll nicht nur der steigende Bedarf gedeckt werden, es soll auch mehr Angebote von Therapeutinnen und Therapeuten geben, die aus Familien mit wenig Geld kommen oder migrantische Wurzeln haben.

Diskutiert wird ein Modell aus dreijährigem Bachelor und zweijährigem Master, gefolgt von einer postgradualen psychotherapeutischen Fachausbildung als Praxisanleitung, die - ähnlich wie die Praxisausbildung nach dem Medizinstudium - erst zur eigenständigen Berufsausübung qualifiziert. Schallmeiner sieht hier "keinen großen Widerspruch von irgendjemandem".

Aktuell besteht die Psychotherapie-Ausbildung aus zwei Teilen: dem zweijährigen Propädeutikum und dem - je nach Fachrichtung - drei- bis sechsjährigen Fachspezifikum, für das zusätzlich noch eine definierte Vorbildung/Studium und ein Mindestalter von 24 Jahren Voraussetzung ist. Von Beginn an gibt es eine enge Verschränkung von Theorie und Praxis.

Darüber, dass Praxis auch künftig möglichst früh in der Ausbildung ihren Platz haben muss, herrscht laut Schallmeiner unter den bisher konsultierten Experten Einigkeit. Im Gesetz könne man dafür freilich nur einen Rahmen vorgeben, die Studienpläne fallen in die Uni-Autonomie. Noch zu klären sei mit den Expertinnen und Experten, wo künftig bisherige Ausbildungselemente wie Praktika (etwa in psychiatrischen Einrichtungen), Supervision oder Selbsterfahrung, für die angehende Therapeuten selbst die Patientenrolle einnehmen, angeboten werden soll.

Übergangsfristen

Für eine Umstellung des Systems, für die auch die Zustimmung des Wissenschaftsministeriums notwendig ist, werde es freilich Übergangsfristen brauchen, betont Schallmeiner - einerseits für jene, die gerade im aktuellen System in Ausbildung sind, andererseits für die Unis, wo die entsprechenden Strukturen geschaffen werden müssen, etwa um durchaus wünschenswerte Kooperationen mit den Fachgesellschaften einzugehen oder auszubauen. Teilweise hätten Unis solche Kooperationen bereits.

"Zuversichtlich", dass man zu einer guten Lösung kommen wird, zeigt sich im Gespräch mit der APA auch Wilfried Datler, der an der Uni Wien den Arbeitsbereich Psychoanalytische Pädagogik am Institut für Bildungswissenschaft leitet. Datler, auch Mitglied des Psychotherapiebeirats des Gesundheitsministeriums, betont allerdings, dass die Universitäten auf sich alleine gestellt nicht in der Lage wären, diese Ausbildung anzubieten, ohne dass die derzeit hohe Qualität in Gefahr wäre.

Historisch sei die Psychotherapie in Österreich zwar von universitär gebildeten Menschen, aber außerhalb der universitären Strukturen entwickelt und vorangetrieben worden - von Sigmund Freud über Alfred Adler bis Viktor Frankl. Dabei habe es in der Ausbildung immer von Beginn an eine enge Verzahnung von Theorie, Praxis, Selbsterfahrung und Supervision gegeben, mit dem Psychotherapiegesetz von 1990 wurde das auch gesetzlich festgeschrieben.

Außeruniversitär

Seither habe auch ein Teil der Unis die Möglichkeit genutzt, sich in Form von außerordentlichen Studien (Uni-Lehrgängen) in Kooperation mit den außeruniversitären Ausbildungseinrichtungen in die Ausbildung einzuklinken, wie Datler betont. Bei 32 der 43 ausbildungsaktiven Fachgesellschaften gibt es derzeit Kooperationen mit Unis. Die involvierten Kliniken, Institute und Arbeitsbereiche der Unis seien aber quantitativ nicht so ausgestattet, dass sie die gesamte Ausbildung eigenständig anbieten könnten.

Die "Expert:innengruppe Psychotherapiegesetz NEU" hat in einem Dossier, das laut Datler von drei Berufsverbänden mitgetragen wird, die Voraussetzungen für eine Reform der Ausbildung ohne Qualitätseinbußen definiert. Besonders wichtig ist den Expertinnen und Experten dabei, dass die Theorie wie von Anfang an mit Praxis, Selbsterfahrung und Supervision verschränkt wird. Sollten diese künftig an den Unis stattfinden, brauche es dafür jedenfalls Ressourcen ähnlich wie an den Kunstunis, wo es auch Kleingruppen- und Einzelbetreuung gibt. Alternative wären Kooperationen mit den außeruniversitären Anbietern. Die Ausbildung müsste, geht es nach den Experten, außerdem weiter primär durch wissenschaftlich qualifizierte und erfahrene Psychotherapeuten erfolgen und zwar an eigenständigen Uni-Instituten, die verpflichtend mit den psychotherapeutischen Fachgesellschaften kooperieren sollen.

Die Experten gehen in dem Dossier, das laut Datler in engem Austausch mit dem Gesundheitsministerium entstanden ist, von einem Bedarf von mindestens 1.500 Bachelor- und 1.000 Masterstudienplätzen aus. Insgesamt wird mit einem steigenden Bedarf an Psychotherapeuten gerechnet - auch weil davon ausgegangen wird, dass in den kommenden zehn Jahren 40 Prozent der Therapeutinnen und Therapeuten altersbedingt entweder ihr Angebot reduzieren oder ganz einstellen werden. Aktuell sind laut Gesundheitsministerium an den 21 anerkannten Ausbildungseinrichtungen für das Propädeutikum rund 5.000 Kandidatinnen und Kandidaten in Ausbildung, beim Fachspezifikum (32 Ausbildungen in Kooperation mit Unis, sieben direkt an Unis) sind es derzeit 4.700.