Zunahme: Österreicher beunruhigt über Gesundheitsrisiken
Die Menschen in Österreich sind heute über Gesundheitsproblematiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel, der Umweltverschmutzung und vermehrten Hitzetagen stärker beunruhigt als vor fünf Jahren, berichtet die österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) Mittwoch im "Risikobarometer Gesundheit 2022". Gleichzeitig sehen sie sich besser über mögliche Gefahren informiert, so die Experten um Ingrid Kiefer vom Fachbereich Risikokommunikation der AGES.
Für das Risikobarometer wird seit dem Jahr 2016 jährlich eine repräsentative Befragung zur Risikowahrnehmung und dem Informationsstand der österreichischen Bevölkerung durchgeführt, erklärte AGES-Geschäftsführer Thomas Kickinger im Gespräch mit der APA. Das "Risikobarometer Gesundheit 2022" wird beim "20 Jahre AGES"-Fest am Mittwoch (1. Juni) in Wien vorgestellt. Die neueste Umfrage 2022 fand genau zwei Wochen nach Kriegsbeginn in der Ukraine statt. "Sie bezieht dadurch auch diese Entwicklung ein", sagte er.
Angst vor Infektionskrankheiten
"Die Top-Sorgen der Österreicher und Österreicherinnen sind der Klimawandel, soziale Ungleichheit und Umweltverschmutzung", so Kickinger. Am geringsten würden sie hingegen das Risiko bei der Lebensmittelsicherheit einschätzen. "Fast drei Viertel der Befragten sorgen sich hier überhaupt nicht", erklärte er: "Dass die Sorgen bei diesem Kernthema der AGES so niedrig sind, sehen wir als ein Zeichen, dass man unserer Arbeit großes Vertrauen schenkt."
Durch die Covid-19-Pandemie bedingt stieg die Angst der Menschen vor Infektionskrankheiten massiv, so die Experten. "Höhepunkt der Besorgnis war 2020, also im ersten Jahr der Pandemie in Österreich, bis 2022 ist sie jedoch wieder gesunken und wurde in der Risikowahrnehmung der Bevölkerung von Bedenken zur Energieversorgung überholt", berichtet Kickinger. Dies sei wohl auf den Ukraine-Krieg zurückzuführen.
Mikroplastik, Blackout, Pestizide
Auch andere medial sehr präsente Themen wie Mikroplastik, ein Blackout und Pestizide werden als Risiken relativ hoch eingeschätzt, ebenso Täuschung der Verbraucher und Verbraucherinnen etwa bei der Herkunft von Produkten. Nur ein geringer Anteil der österreichischen Bevölkerung würde sein Verhalten nach dem Lesen von Risikoberichten ändern, erklärte der AGES-Experte: "Wer subjektiv Risiken höher einschätzt, ist eher dazu bereit, es dauerhaft zu ändern." Überdies würden Frauen unabhängig vom Thema die Gefahren höher einschätzen als Männer.
Als wichtigste Informationsquelle gaben die Befragten das Internet an, gefolgt von Onlinemedien und dem Fernsehen. Die AGES hat auf diesen Trend reagiert und im heurigen Jahr die Online-Präsenz modernisiert, um ihre wissenschaftlich fundierten Informationen zu den einzelnen Themen einfacher abrufbar und besser zugänglich zu machen. Außerdem sei man vermehrt in sozialen Medien aktiv.
Die AGES wird nach Konsumentenschutzorganisationen sowie der Universität Wien als besonders vertrauenswürdig angesehen, ergab die aktuelle Befragung. "Damit liegen wir noch vor anderen Universitäten, Interessenvertretungen, NGOs, Ministerien und dem ORF", so Kickinger: "Es ist für uns eine sehr positive Aussage, dass wir in Österreich als kompetente Stelle wahrgenommen werden."
Die weiteren Ergebnisse des Berichts sind: Die Risikowahrnehmung ist sehr hoch zur Wirkung von Pflanzenschutzmitteln auf die Umwelt, Flächenverbrauch durch Bebauung, Verlust von naturnahen Lebensbereichen und schwindenden Gletschern. Relativ gering ist sie bei der Wasserqualität und bei krankmachenden Keimen in Lebensmitteln.
Die Menschen in Österreich sind im Jahr 2022 vor allem über die steigende Zahl an Hitzetagen und Hitzewellen, die Flächenversiegelung und die Bodenqualität stärker beunruhigt als 2017. Deutlich weniger als noch vor sechs Jahren sorgen sich die befragten Personen über schädliche Stoffe, die bei der Zubereitung von Lebensmitteln entstehen, Antibiotikaresistenzen, Arzneimittelnebenwirkungen und hormonähnliche Stoffe in Lebensmitteln und Körperpflegeprodukten.
Rund drei Viertel der Befragten fühlen sich nicht ausreichend informiert bei hormonähnlichen Stoffen, Schimmelgiften in Lebens-und Futtermitteln, Antibiotikarückständen und bei schädlichen Stoffen, die bei der Zubereitung entstehen. Diese Themen wiesen bereits 2017 den höchsten Informationsbedarf auf. Es nahm bei allen davon bis 2022 jedoch der Anteil ab, der sich nicht informiert fühlt.
Generell sei die subjektive Einschätzung des Informationsstandes über die einzelnen Risiken dieses Jahr höher als 2017, so die Experten. Besonders groß sei der Unterschied bei neuen Krankheiten für den Menschen, Flächenverbrauch, allergenen Stoffen in der Umwelt und in Lebensmitteln sowie bei den Krankheitserregern. Weniger informiert als 2017 fühlen sich die Befragten hingegen bei den Risiken Fehl- oder Überernährung, Gefahren durch häufigere und intensive Starkniederschläge, Hitze und Wasserqualität.