Wissen/Gesundheit

Mediziner: Im Herbst kehrt die Grippe zurück

Maskenpflicht, Hygiene- und Abstandsregeln, Homeoffice, eingeschränkte Reisetätigkeit: Erstmals seit Jahrzehnten blieb Österreich von einer Grippewelle verschont. Im April wurde der erste und einzige Influenzafall in Österreich registriert. Davor gab es einen Fall, dieser war allerdings mit einer Einreise nach Österreich assoziiert. 

Das "Grippewunder", wie es der ehemalige Gesundheitsminister Rudolf Anschober bezeichnet hat, war nicht auf Österreich beschränkt. In ganz Europa wurde kaum Influenzaaktivität gemeldet - mit wenigen Ausnahmen in Portugal, UK, Dänemark und Litauen. Seit Ende 2020 wurden nur 215 positive Proben des Influenzavirus in Europa registriert. Zum Vergleich: 2019/2020 wurden Anfang Jänner über 48.000 positive Proben an Influenzaviren in Europa nachgewiesen.

Mehr Grippefälle im Herbst und Winter

Diesen Herbst und Winter wird es wohl wieder zu mehr Grippefällen kommen. Intensivmediziner in Deutschland rechnen für die kühle und kalte Jahreszeit wieder verstärkt mit Menschen mit diversen Atemwegserkrankungen. Als Grund nannte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Gernot Marx, den erwarteten Wegfall des Maskentragens.

"Durch das Tragen von Masken und die anderen Regeln war die Zahl der Patienten mit Grippe und anderen viralen Krankheitserregern während der Corona-Zeit verschwindend gering", sagte Marx. "Wir befürchten, dass dieser positive Effekt nun verschwinden wird und wir zu den potenziellen Corona-Patienten zwischen Oktober und März auch die anderen Patienten mit viralen Erkrankungen betreuen werden."

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Die Patientenzahlen seien schwer einzuschätzen, auch vor der Corona-Zeit schwankten die Werte von Saison zu Saison. "Aber klar ist, dass Grippe- und Covid-19-Patienten unter Umständen die gleichen Therapien brauchen, zum Beispiel die künstliche Lunge. Die Ecmo-Kapazität in Deutschland ist im internationalen Vergleich sehr gut, aber jede Kapazität hat ihre Grenzen."

Ein erhöhtes Risiko für einen schwereren Verlauf von Grippe haben laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) unter anderem ältere Menschen und solche mit bestimmten Grundkrankheiten oder schwerer Fettleibigkeit. Außerdem erhöhe eine Schwangerschaft, vor allem im fortgeschrittenen Stadium, dies Risiko.

Auch das RKI mahnte kürzlich in einer Herbst-Winter-Strategie für die stationäre und ambulante Versorgung eine frühzeitige Vorbereitung "auf ein verstärktes Krankheitsgeschehen" ein, "auch angesichts der zusätzlich zu erwartenden Belastung durch akute Atemwegsinfektionen", die in der Saison 2020/21 nicht in der Bevölkerung zirkuliert seien. Genannt wird neben der Grippe auch das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV), ein weltweit verbreiteter Erreger, der laut RKI einfache Atemwegsinfektionen, aber auch schwere Erkrankungen auslösen kann.

Marx rief erneut zum Wahrnehmen der Impfangebote gegen Covid-19 auf: "Ich weiß nicht, woher dieses Wir-haben-es-geschafft-Gefühl mancher Menschen kommt, wo wir doch so viele noch nicht geimpft haben. Zu glauben, dass man die Impfung nicht brauche, weil schon so viele geimpft seien, ist ein absoluter Trugschluss", sagte Marx, der Direktor der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care am Universitätsklinikum Aachen ist. Von der Impfbereitschaft und vernünftigem Verhalten mit Vorsicht, Abständen und Maske hänge die Zahl der Neuinfektionen ab. Das sei ausschlaggebend, um besser durch die nächsten Monate zu kommen.

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