Wissen/Gesundheit

Bisherige Erkenntnisse: Covid-19 ist keine kurze Erkrankung

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt den Anteil der milden Verläufe auf rund 80 Prozent aller Fälle. Bei den Infizierten, die etwas von dem Virus merken, zählen laut deutschem Robert-Koch-Institut (RKI) vor allem Husten (49 Prozent) und Fieber (41 Prozent) zu den häufigsten Symptomen - ähnlich wie bei einem grippalen Infekt.

Viele Millionen Menschen weltweit haben eine Infektion mit dem Coronavirus bereits überstanden. Die Dunkelziffer gilt als hoch, auch weil SARS-CoV-2 vielfach kaum oder gar keine Symptome verursacht. Derzeit ergibt sich auch die Frage nach möglichen Langzeitschäden. Hier einige Aspekte:

Spätfolgen noch nicht bekannt

Noch sei insgesamt wenig über Spät- und Langzeitfolgen einer Corona-Infektion bekannt, sagt Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Erste Erkenntnisse über mögliche neurologische Folgen seien etwa erst in den vergangenen Wochen gesammelt worden. "Die waren vorher so noch nicht bekannt, denn die Erkrankung ist ja noch jung."

Bei einigen Patienten werden außerdem schwere neurologische Erkrankungen sichtbar - sogenannte Enzephalopathien, also Schädigungen im Gehirn. "Das drückt sich in Unruhe und Verwirrtheit aus, auch die Leistung des Gedächtnisses kann beeinträchtigt sein", erklärt Berlit. Noch fehle es auch dazu an Langzeiterkenntnissen. Zu befürchten sei aber, dass solche Einschränkungen über längere Zeit bleiben könnten.

Ein weiteres Risiko seien die Langzeitfolgen durch Schlaganfälle, die laut Berlit nicht nur bei schwer erkrankten Covid-19-Patienten bedingt durch eine höhere Thromboseneigung gehäuft beobachtet werden. Welche Symptome zurückblieben, hänge vor allem vom betroffenen Hirnareal ab.

Symptome waren "mitunter sehr heftig"

"Die Patienten, mit denen wir gesprochen haben, berichteten, dass die Symptome mitunter schon sehr heftig waren", sagt Matthias Kochanek, Oberarzt am Universitätsklinikum Köln. Sie hätten etwa über zehn bis 21 Tage lang angehalten. "Die Dauer fühlte sich bei vielen Patienten länger an als man sie von einer normalen Grippe beispielsweise kennt", sagt der Intensivmediziner. Noch könne dieser Wert aber nicht als gesichert gelten.

Bekannt ist, dass sich viele Patienten nach einem milden Infektionsverlauf recht zügig wieder fit fühlen. "Die meisten Patienten haben uns danach auch berichtet, dass sie wieder komplett belastbar waren", so Kochanek. Die Genesung hänge auch vom Einzelfall und möglichen Begleiterkrankungen ab.

Geschmacksveränderungen unerforscht

Wenig wissen Mediziner bisher über die Geschmacks- und Riechveränderungen, die einem Teil der Patienten auch bei milden Verläufen auffielen. "Beobachtungsstudien zeigen, dass sich diese Problematik in zwei bis drei Wochen bei der Mehrzahl der Patienten zurückbildet", sagt der Neurologe Berlit. In etwa fünf bis zehn Prozent der Fälle bleibe die Störung länger bestehen.

Dass viele Patienten parallel zu Riechstörungen vermeintlich auch über Veränderungen bei der Geschmackswahrnehmung berichten, könnte laut einer Analyse, an der auch das Universitätsklinikum Dresden beteiligt ist, ein Interpretationsfehler sein. Die meisten der Befragten Covid-Patienten können demnach die vier Geschmacksrichtungen süß, sauer, bitter und salzig weiter einigermaßen zuverlässig unterscheiden - nicht aber Aromen, für die es ein Zusammenspiel mit dem Geruchsinn brauche.

Behandlung im Spital bei 20 Prozent

Rund 20 Prozent der Corona-Infektionen verlaufen laut WHO so schwer, dass die Patienten im Krankenhaus behandelt werden müssen. Je nach Krankheitsverlauf unterscheidet sich die Behandlung. Manche Patienten brauchen wegen Atemnot zwar Sauerstoff, können aber auf einer Normalstation behandelt werden. "Diese Patienten weisen in etwa einen gleichen Verlauf auf wie die Patienten mit mildem Verlauf", erklärt Intensivmediziner Kochanek. "Sie brauchen mitunter lediglich etwas länger bei der Genesung."

Andere Patienten erkranken etwas schwerer und benötigen noch etwas mehr Sauerstoff - etwa über einen kleinen Plastikschlauch unter der Nase. Diese Betroffenen bräuchten im Vergleich zu einem milden Verlauf deutlich länger, etwa drei bis vier Wochen, um wieder richtig fit zu sein, sagt Kochanek. "Nachdem diese Patienten das Krankenhaus verlassen haben, haben sie uns erzählt, dass sie sich noch eine ganze Zeit lang schlapp und müde und nicht so leistungsfähig gefühlt haben."

Lungenfunktion eingeschränkt

Ist die Lungenfunktion von Covid-19-Patienten so stark eingeschränkt, dass eine solche Versorgung mit Sauerstoff bei zunehmender Atemnot nicht mehr ausreicht, werden sie auf die Intensivstation verlegt und bekommen in ein künstliches Koma versetzt eine Beatmung über einen Schlauch in der Luftröhre. Eine solche Intubation birgt Risiken.

So ist das Aufheben der Beatmung ein schwieriger Prozess - je länger sie dauerte, desto stärker sind neben anderen auch die zum Atmen benötigten Muskeln abgebaut. Gerade bei Älteren ist es schwierig, sie wieder bis zum Zustand zuvor aufzubauen. Auch reagiert die Lunge empfindlich auf Überdruck und auch auf den Sauerstoff, welcher der Beatmungsluft zugesetzt wird. Lungengewebe kann irreparabel geschädigt werden. Auch in anderen Organen kann eine künstliche Beatmung zu Schäden führen.

Bereits einige Muster erkennbar

Es sei ein Muster zu erkennen, sagt Kochanek: Schwer erkrankte Covid-19-Patienten bräuchten im Vergleich zu Patienten mit anderen Formen der Lungenentzündung sehr viel länger für ihre Genesung. Eine seiner ersten Patientinnen, 80 Jahre alt, wurde erst vor kurzem in eine Rehaklinik entlassen. Sie war etwa drei Wochen nach dem Fasching in die Klinik gekommen - also Mitte März.