Sportartikelhersteller Adidas im Krisenmodus
Der neue Adidas-Chef Björn Gulden räumt auf und vertröstet die Aktionäre auf das kommende Jahr. "2023 wird ein Übergangsjahr, um die Basis für 2024 und 2025 zu legen", sagte er vor der Bilanzpressekonferenz am Mittwoch. Im abgelaufenen Jahr stagnierte der Umsatz währungsbereinigt bei 22,5 Mrd. Euro, da das Geschäft in China wegen der Coronalockdowns und eines Boykotts gegen westliche Marken um mehr als ein Drittel einbrach.
Der Nettogewinn schrumpfte 2022 um 83 Prozent auf 254 Mio. Euro. Die Dividende für das abgelaufene Jahr wird gegenüber 2021 von 3,30 auf 70 Cent je Aktie zusammengestrichen.
"Wir müssen Lagerbestände abbauen und Rabatte reduzieren. 2024 können wir dann wieder mit dem Aufbau eines profitablen Geschäfts beginnen", so Gulden.
Probleme in China
Vor allem die Probleme in China hatten Guldens Vorgänger Kasper Rorsted den Job gekostet. Gulden kam zum Jahreswechsel vom kleineren Rivalen Puma. Er deutete an, künftig - wie bei Puma - stärker Rücksicht auf den Verkauf über den Groß- und Einzelhandel zu nehmen und anders als Kasper Rorsted nicht nur den Direktverkauf über das Internet und die eigenen Läden zu forcieren. Der Konzern müsse zudem mehr Rücksicht auf lokale Bedürfnisse nehmen. Damit will Adidas auch in China wieder auf die Beine kommen. Dort türmen sich Lagerbestände, die nun mit Rabatten verramscht werden müssen.
Zusätzlich überschattet wurde Rorsteds Abgang von der Trennung von dem Skandal-Rapper Kanye West, dessen Schuhmarke "Yeezy" Adidas jährlich Milliardenumsätze und hohe Gewinne brachte. Antisemitische Äußerungen machten West untragbar. Das Aus kostete Adidas allein im vierten Quartal 600 Mio. Euro Umsatz, im neuen Jahr brechen dadurch 1,2 Mrd. Euro Umsatz und eine halbe Milliarde Euro operativer Gewinn weg. Dazu kommt der Lagerbestand von "Yeezy"-Schuhen, deren Verkauf Ende Oktober gestoppt wurde. Wenn Adidas sie nicht mehr verwertet, droht eine Abschreibung von weiteren 500 Mio. Euro. Über den Umgang mit den Schuhen streitet Adidas mit West. Dem Rapper gehören die Markenrechte, Adidas die Rechte am Produkt.
Mit der erwarteten Abschreibung dürfte die Nummer zwei auf dem weltweiten Sportartikelmarkt heuer einen Betriebsverlust von bis zu 700 Mio. Euro anhäufen. Mit der Aussicht hatte Adidas die Anleger bereits im Februar geschockt. Es wären die ersten roten Zahlen seit mehr als 30 Jahren.
Teurer Umbau im Vorstand
Der vorzeitige Abschied von Vorstandschef Kasper Rorsted kostet Adidas fast 16 Mio. Euro. Der Däne, der den deutschen Sportartikelkonzern im November fast vier Jahre vor seinem Vertragsende verlassen hatte, bekommt eine Abfindung von 12 Mio. Euro, wie aus dem am Mittwoch veröffentlichten Geschäftsbericht hervorgeht. Dazu kommen rund 3,6 Mio. Euro als Entschädigung dafür, dass er in den nächsten 18 Monaten nicht bei einem Branchenkonkurrenten anheuert, und das restliche Gehalt von rund 300.000 Euro für November und Dezember. Rorsteds Vertrag war erst 2021 um fünf Jahre verlängert worden.
Beim Gehalt mussten Rorsted und seine Vorstandskollegen im vergangenen Jahr angesichts des Gewinneinbruchs Abstriche machen. Sie erhielten weder einen leistungsabhängigen Bonus für 2022 noch aktienbasierte Langfrist-Boni. Letztere hatten sich ein Jahr zuvor noch auf 14,2 Mio. Euro summiert. Insgesamt beliefen sich die Bezüge der Adidas-Vorstände auf 22,0 (2021: 30,8) Mio. Euro.
Am Mittwoch wurden auch weitere Neuerungen im Vorstand bekannt: Adidas-Urgestein Roland Auschel, seit 33 Jahren bei der Drei-Streifen-Marke, davon zehn Jahre im Vorstand, werde mit 1. April aus dem Unternehmen ausscheiden und sein Amt an Arthur Hoeld übergeben, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit.
Der Däne Brian Grevy, bisher zuständig für den Markenauftritt, werde Adidas ebenfalls mit 31. März verlassen. Seine Aufgaben werde Vorstandschef Björn Gulden übernehmen.