Oberbank-Chef Gasselsberger kritisiert EZB: "Zu wenig Orientierung"
Von Anita Kiefer
Kein gutes Zeugnis stellte Oberbank-Generaldirektor Franz Gasselsberger bei der Präsentation der Halbjahresergebnisse seiner Bank der Zinspolitik der EZB aus. Die EZB sei "zögerlich", "nicht klar" und agiere mit "zu wenig Orientierung". Die Notenbank orientiere sich überwiegend daran, wie man die südeuropäischen Länder entlasten könnte, so seine Kritik. Den Euro zu stärken, wäre hingegen eine "klare Ansage", so der Oberbank-Chef.
Die Zinssätze seien "langfristig gesehen" noch immer niedrig, betonte Gasselsberger mit Blick auf Zinssätze von sechs bis acht Prozent vor einigen Jahrzehnten. Die Vergabekriterien seien jedenfalls nicht schuld, wenn sich Menschen kein Eigenheim leisten könnten, denn es brauche dafür einfach Eigenmittel. "Die meisten haben noch nie eine Immobilienkrise miterlebt", so Gasselsberger. Einen Rückgang der Immobilienpreise vor allem in Wien sieht er aber nicht. "Es gibt einfach genug Bedarf."
Bei der Bekämpfung der Inflation bzw. der hohen Energiekosten sprach sich Gasselsberger gegen Preisdeckel und für gezielte Hilfen für die aus, die sie brauchen - was nicht so wenige seien.
Keine Kritik an Vergabekriterien
Angesprochen auf die neuen Vergabekriterien bei Krediten, nach denen unter anderem 20 Prozent Eigenkapital vorhanden sein müssen, die Kreditrate maximal 40 Prozent des Nettoeinkommens betragen und die Laufzeit des Kredits darf 35 Jahre nicht übersteigen, erklärte Gasselsberger, dass man bei der Oberbank diese Vergabekriterien ohnehin schon angewandt hätte. Das eigentliche Thema bei der Eigenheimschaffung seien die gestiegenen Baupreise - hier orte er eine abwartende Haltung.
Angesichts der Zinsschritte der EZB sind die Negativzinsen auf Spareinlagen von Firmenkunden jetzt auch bei der Oberbank Vergangenheit, bestätigte der Bankenchef.
Ein Viertel weniger Gewinn
Belastet von einer starken Marktvolatilität und einem schwächeren Beteiligungsergebnis hat die Oberbank im ersten Halbjahr 2022 knapp ein Viertel weniger Gewinn gemacht. Unterm Strich blieb ein Gewinn nach Steuern von 86,4 Mio. Euro, das waren 24 Prozent weniger als im Halbjahr des Vorjahres. Das At-Equity-Beteiligungsergebnis, welches zu einem Gutteil von der Beteiligung an der voestalpine beeinflusst wird, halbierte sich nahezu von 43,8 Mio. auf 22,7 Mio. Euro.
Die Marktschwankungen lasteten zudem auf den marktbewerteten finanziellen Vermögenswerten, teilte die Bank am Donnerstag mit. Operativ lief es dagegen gut. Das Zinsergebnis erhöhte sich wegen einer guten Kreditnachfrage um 13,6 Prozent auf 189,5 Mio. Euro und das Provisionsergebnis stieg um 12,8 Prozent auf 109,2 Mio. Euro. Für notleidende Kredite wurden mit 3,6 Mio. Euro um 57,2 Prozent weniger Rückstellungen gebildet als in der ersten Hälfte des Vorjahres.
Kommerzkundengeschäft läuft gut
Das Kreditvolumen der Bank stieg um 5,8 Prozent auf 19 Milliarden Euro. Vor allem das Kommerzkundengeschäft laufe gut, so Generaldirektor Gasselsberger. In dem Segment stiegen die Finanzierungsvolumina um 5,7 Prozent auf 14,9 Mrd. Euro an. Auch im Privatkundenbereich gab es weiterhin eine rege Nachfrage nach Krediten. Das Finanzierungsvolumen wuchs um 6,4 Prozent auf 4,1 Mrd. Euro. Etwas gebremst sei jedoch die Neuvergabe, hier habe es einen Rückgang um 2,2 Prozent gegeben.
Rückgänge merke man außerdem bei den Ersparnissen der Menschen. Die Spareinlagen seien im Vergleich zum Vorjahr um 235,7 Mio. Euro bzw. um 9,0 Prozent auf rund 2,4 Mrd. Euro zurückgegangen. Jedenfalls werde von privaten Kundinnen und Kunden "weniger gespart" - weil sich viele schlicht das Sparen nicht mehr leisten könnten, so Gasselsberger mit Blick auf die Inflation.
Kein "belastbarer Ausblick"
"Das 1. Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres war durch politische Spannungen, eine unerwartet starke Inflationsentwicklung, Störungen der internationalen Lieferketten und heftige Marktvolatilitäten geprägt", so im Halbjahresbericht. Einen "belastbaren Ausblick" will die Bank weiterhin nicht geben, da die Entwicklung der Rohstoffpreise und der Finanzmärkte nicht abschätzbar sei. Gerechnet wird aber mit einer Abschwächung der Kreditnachfrage und einem Anstieg bei den Risikokosten.
Allerdings, so Gasselsberger, sei das in den "Büchern noch nicht abgebildet". Man führe auch laufend Gespräche mit den 2.000 größten Kundinnen und Kunden.
Weiter Fokus auf Deutschland
Die Expansionspläne der Oberbank - im ersten Halbjahr 2022 wurden zwei neue Filialen eröffnet - würden fortgeführt, Fokus ist weiter Deutschland. Per 30. Juni hält die Bank bei 180 Geschäftsstellen. "Kassel und Magdeburg" wären gut, so Gasselsberger, auch im Großraum Berlin - aber nicht direkt in der Stadt - suche man nach einem Standort. Wo eröffnet werde, hänge vor allem davon ab, wo man genug geeignetes Personal finde.
Keine Neuigkeiten gäbe es im Streit der 3-Banken-Gruppe, zu der die Oberbank gehört, mit der UniCredit. Man warte auf Urteile, so Gasselsberger.