Mega-Deal in Zugbranche: Wien ist jetzt Teil von einem Welt-Konzern
Wer in Österreich mit der Straßenbahn oder mit dem Zug oder in Wien mit der U-Bahn fährt, fährt in der Regel mit einem Wagen bzw. Waggon von Siemens oder von Bombardier. Siemens gegen Bombardier: das ist wie Simmering gegen Kapfenberg.
Passend dazu hat Bombardier sein Kompetenzzentrum für U-Bahnen und Straßenbahnen in Wien - ebenso wie Konkurrent Siemens.
Bei Bombardier in Wien entwickeln und bauen immerhin rund 600 Mitarbeiter Schienenfahrzeuge für sechs Kontinente.
Dieser Tage blickten die Beschäftigten in Wien-Donaustadt aber wohl eher nach Brüssel.
Grünes Licht
Denn da wurde von der EU-Kommission entschieden, ob Bombardier mit dem französischen Konzern Alstom fusionieren darf.
Pikant dabei: Erst im Vorjahr wollte Siemens Alstom übernehmen - die EU sagte damals Njet. Aus Gründen des Wettbewerbs.
Zur Fusion von Alstom mit Bombardier sagt die EU hingegen nun Ja.
Auflagen für Alstom
Zwar hat die Kommission auch dieses Mal wieder wettbewerbsrechtliche Bedenken geltend gemacht.
Anders als im Vorjahr sind Alstom und Bombardier dieses Mal aber auf die Bedenken der Kommission eingegangen.
So muss Alstom zwei Werke (an Konkurrenten) verkaufen. Eines im französischen Reichshoffen (Elsass) und eines im deutschen Hennigsdorf bei Berlin.
Europäischer Welt-Champion
Alstom und Bombardier sind zusammen die Nummer zwei auf dem Weltmarkt. Umsatz: ungefähr 15 Milliarden Euro.
Die Entscheidung ist von großer industriepolitischer Bedeutung in Europa. Denn Deutschland und Frankreich drängen darauf, europäische Weltkonzerne in umkämpften Branchen zu schaffen.
Der Deal ist jedenfalls eine Kampfansage an China.
Angriff aus China
Denn gerade im Bahnbereich hat sich in den vergangenen Jahren eine starke Konkurrenz durch chinesische Zughersteller für die europäische Produzenten entwickelt.
Vor allem durch CRRC. Das ist die Nummer eins der Welt.
Technisch gesehen ist der Deal eine Übernahme der Bombardier-Zugsparte durch die Franzosen, die übrigens die Hochgeschwindigkeitszüge AGV und TGV produzieren.
Der Deal wird die Franzosen etwa 5,8 bis 6,2 Milliarden Euro kosten. Wenn alles glatt läuft, soll das Geschäft im ersten Halbjahr 2021 abgeschlossen werden.
Bombardier in der Krise
Bombardier kann das Geld gut gebrauchen. Denn dem Konzern, der auch Flugzeuge baut, ging es schon vor Corona schlecht.
Erst vor wenigen Tagen hat sich das Unternehmen einen Kredit von knapp einer Milliarde Euro gesichert, um die Zeit bis zum Verkauf der Zugsparte zu überbrücken und damit durch die Corona-Krise zu kommen.
Folgen für Österreich
Und was sind die Folgen für den Standort von Bombardier in Wien? Zunächst einmal ist man als Kompetenzzentrum nun Teil eines Weltkonzerns.
Der Standort Wien sei sowohl in der Entwicklung als auch in der Produktion von Straßenbahnen und U-Bahnen gut aufgestellt, sagen Experten.
Aufgrund der Unternehmenskrise sei die Struktur bei Bombardier aber zuletzt immer verworrener geworden.
Die Übernahme könnte für Wien also sozusagen eine Art Licht am Ende des Tunnels sein