Trennung oder Scheidung: Wer darf in der Wohnung bleiben?
Von Nicole Zametter
Kim und Kanye stehen vor dem Problem. Michelle Hunziker und ihr Tomaso jetzt auch. Und im privaten Umfeld kennt jeder ein Paar, das gerade eine durchmacht: Eine Trennung oder Scheidung. Diese sind vor allem schmerzhaft, aber auch ziemlich aufwendig. Jedenfalls dann, wenn ein gemeinsamer Wohnsitz besteht. Bei den prominenten Beispielen geht es meist um teure Immobilien, nicht selten wurden deshalb im Vorfeld Eheverträge unterzeichnet, die eine Trennung regeln. Was mit Kims kalifornischer Luxusvilla nach der Scheidung passiert, bleibt abzuwarten.
Während sich ein Mietverhältnis noch relativ unkompliziert auflösen lässt, sind die Herausforderungen beim Immobilien-Eigentum groß. Ob das Paar verheiratet ist oder nicht, ändert die Rechtslage enorm. Worauf man in beiden Fällen acht muss und wie das einstige Liebesnest nicht zum größten Streitpunkt wird, erklären Rechtsanwältin Valentina Philadelphy-Steiner und Elke Hanel-Torsch, Vorsitzende der Mietervereinigung Wien.
Trennung und Miete: Für unverheiratete Paare, die in einer Mietwohnung leben ist die erste Hürde: Wer zieht aus dem gemeinsam angemieteten Wohnung aus? „Wenn das Ex-Paar sich nicht einigen kann, dann muss die Benützung der Wohnung vor Gericht geklärt werden. Dabei wird der persönliche Bedarf, die Dringlichkeit sowie das Wohl der gemeinsamen Kinder berücksichtigt. Auch Alter, finanzielle Lage und Gesundheitszustand spielen eine Rolle“, erklärt Elke Hanel-Torsch. Will nur einer aus dem bestehenden Mietvertrag aussteigen, dann kann das Folgen haben: „Ist der Vertrag mit drei Parteien zustande gekommen (zwei Mietern und dem Vermieter), so müssen alle Vertragspartner etwaigen Veränderungen im Vertrag zustimmen. Bei einer Einigung aller Parteien kann der Mietervertrag abgeändert werden und es ist dann nur mehr eine Person Hauptmieter. Aber: Wenn sich zwar die ehemaligen Lebensgefährten einigen, der Vermieter jedoch nicht zustimmt, bleiben beide Hauptmieter und schulden beide zur ungeteilten Hand den Mietzins. Dies bedeutet, dass selbst wenn einer auszieht, der Vermieter immer noch bezüglich Mietzinszahlungen auf ihn zukommen kann, falls der verbliebene Partner nicht, oder nicht vollständig bezahlen kann,“ so Hanel-Torsch. Die Mietrechtsexpertin rät deshalb dazu, eine schriftliche Vereinbarung zu treffen: „In dieser sollte festgehalten werden, dass der ausziehende Ex Partner auf die Mietrechte verzichtet und dafür in Gegenzug auch keinen Mietzins mehr zahlt. Diese Vereinbarung wirkt allerdings nur zwischen den beiden Ex- Lebensgefährten. Der Vermieter kann dennoch den ausgezogenen Ex-Partner auf Zahlung des Mietzinses klagen.“
Vorsicht: Sollte der Vermieter einer Änderung nicht zustimmen, aber zum Abschluss eines neuen Vertrags mit nur einem Hauptmieter bereit sein, kann dies neue Vertragsinhalte und vor allem einen höheren Mietzins zur Folge haben. Oft wird der Vertrag auch nur befristet angeboten.
Scheidung und Eigentum: Komplizierter werden Wohnverhältnisse für Eheleute mit Eigentum: Hier spielen die Bedürfnisse der Partner und Kinder eine zentrale Rolle in der Aufteilung. Rechtsanwältin Valentina Philadelphy-Steiner weist auf die Stolpersteine hin: „Wenn eine Scheidung bevorsteht: Bitte nicht allein und ungerechtfertigt die häusliche Ehegemeinschaft aufheben – sprich ausziehen. Das fällt unter Eheverfehlung und kann im Laufe eines Scheidungsprozesses negativ angelastet werden und wirkt sich dann auf die Unterhaltszahlung aus. Eine schriftliche Auszugsvereinbarung kann dem Vorbeugen.“ Gleichzeitig kann der Wohnungsbedarf des in der Ehewohnung verbleibenden Partners vom Unterhalt abgezogen werden.
Meist fällt es den zerstrittenen Ehepartnern schwer, sich darauf zu einigen, wer im Haus oder der Wohnung bleibt, wer wie viel Unterhalt bezahlt oder wer die Kreditraten weiter trägt. „All diese Dinge sind in der Emotion schwer für Paare zu bewältigen. Aber für das Gericht müssen Regelungen dazu getroffen werden,“ weiß Familienanwältin und Mediatorin Philadelphy-Steiner. Denn: Wurde im Rahmen der Scheidung keine Vereinbarung über das aufzuteilende Vermögen zwischen den Ehegatten getroffen, ist die Aufteilung im außerstreitigen Verfahren zu klären. Grundsätzlich gilt dabei: „In die Ehe eingebrachte, von dritten Personen geschenkte oder geerbte Sachen fallen nicht in die Aufteilungsmasse und unterliegen somit nicht der Vermögensaufteilung nach der Scheidung. Das gilt auch für Gegenstände des persönlichen Gebrauchs eines Ehegatten und Sachen, die zu einem Unternehmen gehören.“
Allerdings gibt es Ausnahmen. Die wichtigste: „Die Ehewohnung ist – egal unter welchen Umständen sie in die Ehe eingebracht wurde – in die Aufteilung einzubeziehen, sofern ein Ehegatte und/oder ein gemeinsames Kind auf die Weiterbenutzung zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist/sind.“
Außerdem fällt auch die Wertsteigerung einer Immobilie unter die Aufteilungsmasse: „Wurde während der Ehe zum Beispiel renoviert, umgebaut oder hat sich der Grundstückspreis im Lauf der Ehejahre erhöht, so hat der Ehepartner Anspruch auf die Hälfte der Wertsteigerung. Diese muss dann von einem Gutachter berechnet werden, was schnell kostspielig werden kann.“ Hinzu kommt oft auch die Finanzierung der Immobilie: Philadelphy-Steiner: „Oft geht es auch darum Schulden aufzuteilen. Übernimmt derjenige, der im Haus bleibt auch die noch offenen Kreditraten? Im schlimmsten Fall muss das Haus verkauft werden – oft unter Wert.“
Besitzen Ehepaare mehrere Immobilien, etwa auch ein Ferienhaus, so stellen diese ein Urlaubsdomizil und keine Ehewohnung dar. „Solche Immobilien werden als ´‘bloßes’ eheliches Gebrauchsvermögen bzw. ‘‘bloße’ eheliche Ersparnisse bewertet. Hier kommen die Ausnahmen über das nicht der Aufteilung unterliegende Vermögen zur Anwendung. Es sei denn, die Eheleute verbringen je die Hälfte des Jahres in einer der Immobilien, dann wären wiederum beide als Ehewohnung anzusehen“, so die Expertin.
Vorausplanen. Eine Scheidung ist immer eine Ausnahmesituation und für alle Beteiligten belastend. Deshalb rät Philadelphy-Steiner: „Sobald Immobilien vorhanden sind, ist ein Ehevertrag absolut sinnvoll. Viele wehren sich aus romantischen Gründen dagegen. Aber die Auswirkungen, die eine Scheidung mit sich bringt, sprechen einfach dafür.“ Denn im Rahmen des Aufteilungsverfahrens kann das Gericht eben Eigentum eines Ehegatten an den anderen Ehegatten übertragen. Konflikte, die sich vermeiden ließen.
Darum appelliert die Rechtsanwältin: „In der Mediation suchen wir immer nach einvernehmlichen Lösungen. Das spart den Beteiligten nicht nur Geld, sondern auch Nerven.“