Der Retailmarkt ist im Umbruch
Von Ulla Grünbacher
Am Kutschkermarkt in Wien-Währing haben Liebhaber von gutem Brot und Gebäck seit Kurzem die Qual der Wahl. Sowohl die Waldviertler Bio-Bäckerei Joseph Brot hat hier eine neue Filiale eröffnet, als auch die Weinviertler Bäckerei Öfferl. Auch den Felber gibt es gleich daneben.
Bäckerei im Musikhaus Tinter
Für Joseph ist es die sechste Filiale, die in der Währinger Straße 106 eröffnet wurde – keine unbekannte Adresse. Denn für 130 Jahre hat die Familie Tinter hier ihr Musikhaus betrieben.
Gute Adresse
Bäcker Josef Weghaupt: „Geschäfte mit solch reichhaltiger Geschichte und Tradition sind wie die Seele einer Straße und eines Grätzels. Diese Orte dürfen nicht verschwinden“. Deshalb hat er das Geschäftsportal in seinem ursprünglichen Glanz wiederbelebt.
So geht es dem Markt
Neueröffnungen wie diese sind in diesen Zeiten selten geworden. Denn: „Mit dem jetzt verordneten zweiten Lockdown wird sich die Situation für viele Händler noch einmal deutlich verschlechtern, sodass in naher Zukunft tausende Geschäfte in ganz Österreich schließen könnten“, befürchten die Retail-Experten von Otto Immobilien. Während des ersten Lockdowns waren 73 Prozent der Geschäfte stillgelegt. Vor allem Bekleidung, Schuh, Leder und Elektronik erlitten Verluste, während sich Nahversorger, Baumärkte, der Sporthandel, Drogerien und handelsnahe Dienstleister als krisenresistenter erwiesen.
So verändert sich das Geschäftslokal
„Die Folgen des ersten Lockdowns, durch Unterstützungs- und Stundungsmaßnahmen aufgeschoben, werden im ersten Halbjahr 2021 schlagend“, so Patrick Homm, Gewerbespezialist bei Otto Immobilien. Immobilienbesitzer müssen mit längeren Vermarktungszeiten rechnen. Das klassische Geschäftslokal wandelt sich zum Distanzhandel. „Es sind durchdachte Logistiklösungen erforderlich, die die Verfügbarkeit der Produkte garantieren und gleichzeitig durch Erlebnisse die Verweildauer im Shop erhöhen“, sagt Anthony Crow, Einzelhandelsprofi bei Otto Immobilien.
Gute Nachricht
Einige Retailer versuchen bereits, den stationären Vertriebskanal zu optimieren, die Vermischung aus online und stationär zu schaffen. Crow: „Als Folge dieser Omni-Channel-Welt sehen wir eine Verkleinerung der Verkaufsflächen, Mietpreise für 'Schaufenster' statt Verkaufsflächen, die Einbindung von Gastronomie in Shops, um die Verweildauer zu erhöhen.“