Architektenhaus: Ensemble aus Alt und Neu in Klosterneuburg
Von Ulla Grünbacher
„Es war ein gemeinsamer Annäherungsprozess zwischen uns, der Familie und dem Bestand“, beschreiben Philipp Buxbaum und Christian Kircher, Gründer von smartvoll Architekten, die Herangehensweise an das Wohnprojekt, das in Klosterneuburg, Niederösterreich entstanden ist. So wurde zunächst das Grundstück mit dem Bestandsgebäude gemeinsam besucht.
Die Wünsche der Bauherren
„Jeder andere hätte das Haus abgerissen und die meisten das wuchernde Efeu sowie die alten Gebüsche und Bäume gleich mit. Die Familie wollte aber nicht nur das Haus, sondern auch den Garten um jeden Preis erhalten. Dass das Bestandshaus mit rund 50 Quadratmetern Grundfläche für die sechsköpfige Familie viel zu klein ist, war klar und so wurde ’Platz schaffen‘ und gleichzeitig ‘so viel wie möglich erhalten’ zu dem Antrieb, ja, Mantra dieses Gestaltungsprozesses“, fassen die Planer die Wünsche der Bauherren zusammen.
Einblick in Planungsüberlegungen
Das Bestandsgebäude wurde weitgehend so belassen, wie es war. Die Dachbodendecke wurde thermisch saniert, ein paar Dachziegel ausgetauscht und die Regenrinne erneuert, da sie schon durchgerostet war. „Dieses Projekt lebt wirklich von der Patina des Häuschens. Hätten wir einen Vollwärmeschutz draufgepackt oder ein neues Dach aufgesetzt – es wäre heute optisch tot“, sind die Planer überzeugt.
Offene Küche
Im Inneren des Altbaus wurden viele Wände entfernt, da der Grundriss sehr kleinteilig und verschachtelt war. Mit der großzügigen offenen Küche, die hier entstanden ist, und dem Elternschlafzimmer darüber, wurde es zum Lebensmittelpunkt der Familie.
Kinderturm, Ess- und Wohnbereich
Für das übrige Raumprogramm – Wohn-, Ess- und Schlafräume – wurden weitere rund 200 Quadratmeter Wohnfläche benötigt. „Es war klar: Wenn wir das alles in einen großen durchgängigen Baukörper übertragen und diesen auch noch neben das kleine Häuschen stellen, dann erdrücken wir den Bestand“, schildern Philipp Buxbaum und Christian Kirchner ihre Überlegungen. Daher wurde das Programm geteilt.
Hofsituationen
Als Erweiterung des sanierten Altbaus sind drei neue Baukörper mit gänzlich unterschiedlichen Qualitäten entstanden. Durch die Anordnung der neuen Baukörper (Essbereich, Wohnbereich und Kinderturm) rund um den Bestand, „entstehen im Inneren unglaublich spannende Ausblicke und Stimmungen – im Außenraum hingegen drei Halb-Höfe,“ so Kircher und Buxbaum.
Vier Meter Raumhöhe
Das vollverglaste Esszimmer ist Verbindungselement und gleichzeitig Herzstück des Hauses. „Das Wohnzimmer, komplett in KLH Holz (Kreuzlagenholz, Anm. d. Red.) hat durch die vier Meter Raumhöhe schon fast kathedralen Charakter“, beschreiben es Buxbaum und Kircher.
Eigener Bereich für die Kleinsten
Der Kinderturm, hier wurden vier Kinderzimmer, Gästezimmer und Nassräume untergebracht, wurde wie das Bestandsgebäude in Ziegelbauweise errichtet und mit kleineren Fenstern ausgestattet. Von hier aus überblickt man nach Süden hin das Tal, darunter befindet sich eine kleine Frühstücksterrasse. Im Turm ist Platz zum Spielen und Toben – während in den anderen Bereichen des Hauses Ruhe einkehren kann.
Verschiedene Bereiche, dennoch großes Ganzes
Auch wenn das Ensemble aus verschiedenen Bereichen besteht, pendelt man unbewusst von der Küche ins Esszimmer, vom Alt- zum Neubau – und wieder zurück. Denn trotz all der trennenden Bereiche gibt es ein verbindendes Element. „Durch den Terrazzoboden, der sich vom Bestandshaus aus in alle Bereiche zieht, hat man immer das Gefühl in einem großen Ganzen zu sein. Gleichzeitig erlebt man aber die unterschiedlichsten Atmosphären“, beschreiben die Planer das Raumerlebnis.
Außenbereiche
Durch die Anordnung der Baukörper sind auch verschiedene Außenbereiche entstanden. Einerseits gibt es eine Terrasse zur Straße hin, um mit den Nachbarn in Kontakt zu bleiben, andererseits eine Spielwiese für die Kinder – und eine Terrasse für das abendliche Beisammensein. Oder wie Christian Kircher und Philipp Buxbaum es beschreiben: „Für die Cocktailstunde der Erwachsenen im Abendlicht.“
Die Planer Smartvoll Architekten ZT
Smartvoll ist eine Gruppe von sieben Architektinnen und Architekten mit Büro in Wien. Realisiert werden vor allem Wohn- und Gewerbebauten. In der Hinterbrühl in Niederösterreich hat das Team 2019 ein viel beachtetes, modernes Private Spa aus frei stehenden monolithischen Platten gestaltet, das mit dem BestofYear Award 2020 des Interior Design Magazine in New York ausgezeichnet wurde. Weitere Projekte: Das Gemeindezentrum in Großweikersdorf in Niederösterreich (2018), das Restaurant “wer ist Stratmann?“ in der Markthalle Salzburg (2015) und die Villa H in Hallwang bei Salzburg (2010), um nur einige zu nennen.