Wirtschaft

Die neuen Geschäfte der Kartelle: Synthetische Drogen

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Synthetische Drogen wie Methamphetamin oder Ecstasy sind schon länger auf dem Markt. Zuletzt sind aber sehr viele neue Substanzen dazugekommen, sagt Martin Raithelhuber im Gespräch mit dem KURIER. Er ist  Experte für synthetische Drogen bei der UNO in Wien.

In Wien befindet sich das United Nations Office on Drugs and Crime. „Wir haben in den letzten zehn Jahren über 1.100 dieser neuen Substanzen festgestellt“, so Raithelhuber. „Wir haben hier bei der UNO ein eigenes Frühwarnsystem eingerichtet, das sich diesem Thema widmet.“

Abnehmender Innovationsgrad 

In Wien befindet sich das einzige Labor der UNO, wo Drogen analysiert werden. Der Innovationsgrad bei synthetischen Drogen sei aber rückläufig. Raithelhuber: „Wir hatten ein Jahr mit über 100 neuen Substanzen. Inzwischen sind es rund 50 pro Jahr.“

 

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Vor zehn bis 20 Jahren waren es Individuen oder Kleingruppen, die diese Drogen herstellten. Raithelhuber: „Sie hatten mit der organisierten Kriminalität nichts zu tun,  sahen aber die Chance auf das schnelle Geld. Sie bestellten die Substanzen im Internet und bauten eine regionale Verkaufsstruktur auf.“

Denn synthetische Drogen können schon im Küchenlabor hergestellt werden. Und sie können überall hergestellt werden, wo die entsprechenden Chemikalien vorhanden sind. Sie sind nicht an ein Anbaugebiet bestimmter Pflanzen gebunden, wie das etwa bei Kokain der Fall ist, erläutert Raithelhuber.

Herstellung in großem Stil

Als der Markt größer wurde, wurde die organisierte Kriminalität auf synthetische Drogen aufmerksam. Hier sind es die bekannten Organisationen, die im Geschäft sind, sagt Raithehuber. Neu und auffallend allerdings sei, dass mexikanische Kartelle wie das Sinaloa-Kartell (benannt nach dem Bundesstaat am Golf von Kalifornien) synthetische Drogen bis nach Europa liefern, vermutlich für den Weitertransport in andere Märkte wo sie dann von „einheimischen“ Verbrecherorganisationen vertrieben werden.

Die Kartelle erzeugen die Drogen industriell in Großlabors, sagt Raithelhuber (siehe auch Factbox). Das senkt die Herstellungskosten. Großlabore für synthetische Drogen gibt es laut dem UNO-Fachmann etwa in Mexiko, im berüchtigten Goldenen Dreieck (Grenzgebiet zwischen Myanmar, Thailand und Laos) aber auch in Europa. Ein Hotspot sind die Niederlande.

Gefährliches Fentanyl

Die mexikanischen Kartelle sind laut Raithelhuber derzeit führend bei der Herstellung von illegalem Fentanyl. Fentanyl ist eigentlich ein synthetisches Opioid, das als Schmerzmittel eingesetzt wird, aber um ein Vielfaches stärker wirkt als Heroin. Synthetische Drogen waren und sind in der Regel günstiger als alteingeführte Drogen. Raithelhuber: „Ein Gramm Methamphetamin kann schon ab 20 Euro verkauft werden.“ Aber auch um umgerechnet bis zu 500 Euro wie in Japan und Australien.

Synthetische Drogen sind Substanzen die, wie der Name schon sagt, synthetisch mit Chemikalien hergestellt werden. In einigen Fällen, so UNO-Drogenexperte Martin Raithelhuber, lässt sich schon aus gängigen/einfachen Chemikalien, wie sie auch in der Industrie in Gebrauch sind, eine synthetische Droge herstellen. Zu den synthetischen Drogen zählen etwa Amphetamin und verwandte Methamphetamin. Wer diese Drogen  konsumiert, fühlt sich binnen weniger Augenblicke leistungsstark, hochkonzentriert und selbstbewusst.

Synthetische Drogen sind hochgefährlich. Und das schon in kleiner Dosis, betont Raithelhuber. Allein in den USA starben zuletzt 100.000 Menschen jährlich an Drogen. Der Großteil davon an synthetischen Opioiden wie Fentanyl. Synthetische Drogen gibt es in allen Formen. Sie können injiziert werden oder in Pillen- oder Pulverform eingenommen oder sogar geraucht werden. Auch die Herstellung ist gefährlich. Da seien also Leute mit Fachwissen beschäftigt, so Raithelhuber. Oft werde Schutzkleidung getragen. Labore können - wie im Film - tatsächlich in die Luft fliegen.

Am Anfang hatte der Verkauf synthetischer Drogen auch den Anschein der Legalität, wie der Experte betont.  Es war unklar, ob sie verboten waren oder nicht. Die Zielgruppe für synthetische Drogen ist groß. Sie reicht vom gestressten Manager bis zu Jugendlichen, die etwas Neues ausprobieren wollen. Der Vertrieb läuft häufig über das Darknet. Über den Markt in Österreich will Raithelhuber keine exakten Angaben machen. Weil das bei illegalen Märkten immer schwer sei. Er schätzt aber, dass hierzulande synthetische Drogen noch keine große Verbreitung gefunden haben.