Vincent Kriechmayr rast auch in der Abfahrt zu WM-Gold
Auch das zweite WM-Rennen der Herren in Cortina hat Gold für Österreich gebracht. Vincent Kriechmayr gewann drei Tage nach dem Super-G am Sonntag auch die Abfahrt und schaffte damit als erster dritter Fahrer das Speed-Double bei Weltmeisterschaften. Kriechmayr gewann mit dem kleinstmöglichen Vorsprung von einer Hundertstel vor dem Deutschen Andreas Sander, Beat Feuz (SUI/+0,18) holte Bronze. Der 29-jährige Kriechmayr ist der erste ÖSV-Abfahrtsweltmeister seit Michael Walchhofer 2003.
Eine Hundertstel Vorsprung sind gleichbedeutend mit der knappsten Gold-Entscheidung bei den Herren in einer WM-Abfahrt. Vor zwei Jahren in Aare (Schweden) hatte Kjetil Jansrud zwei Hundertstel vor seinem norwegischen Landsmann Aksel Lund Svindal gewonnen. Zuvor beide Speedrennen bei einer Alpinski-Weltmeisterschaft gewonnen hatten bei den Herren lediglich Hermann Maier 1999 in Vail sowie Bode Miller (USA) 2005 in Bormio.
"Vielleicht war da der Herrgott auf meiner Seite"
"Ich kann das gar nicht realisieren. Es war ein verrücktes Rennen", sagte der strahlende Sieger im ORF-Interview. "Ich bin von oben weg wirklich gut gefahren, bin dann aber im Flachen ein paar Mal aus der Hocke gekommen. Im Mittelteil hab ich’s wirklich gut erwischt". Hinter dem Erfolglauf vermutete er Beistand von oben: "Oben war es ein bissl windig und wechselnd, vielleicht war da der Herrgott auf meiner Seite. Das Warten war nicht so tragisch".
Sein Boss war zufrieden. "Die Abfahrt ist die Königsdisziplin und wir waren nicht Favorit. Das waren Beat Feuz und Dominik Paris. Aber dass der Vincent das geschafft hat, gratuliere. Vincent ist ein ganz toller Bursche, locker, nett, einfach ein normaler Mensch. Auch deswegen freut es mich sehr für ihn", sagte ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel. "Jetzt haben wir das erste Mal seit 2003, seit Michi Walchhofer, wieder die Abfahrtsgoldmedaille, das freut mich wahnsinnig. Wir waren immer eine Abfahrtsnation, jetzt sind wir es wieder", erklärte der Tiroler und zeigte Mitleid mit einem anderen ÖSV-Topfahrer. "Dass Matthias Mayer nach dem Schlag ausgeschieden ist, ist natürlich auch ein Pech."
Schröcksnadel äußerte sich auch zu den Diskussionen um die Piste: "Ich erinnere mich an Olympia 1992 in Val d’Isère, wo wir die Face de Bellevarde gefahren sind und Patrick Ortlieb Olympiasieger geworden ist. Alle haben geschimpft, wir haben gesagt: 'Der Berg gehört uns.' Der ist da, das kannst du nicht verhindern, da kannst du nicht dagegen arbeiten. Wenn man eine negative Einstellung hat, kann man nie gewinnen."
Chancenloser Mayer
Mayer machte aus seiner Enttäuschung kein Geheimnis und war sicher, dass auf der eisigen und unruhigen Strecke mehr drin gewesen wäre. "Das Tor bei der Steilhangausfahrt wäre ein wichtiges gewesen für den Zielschuss. Ich habe den Schlag voll erwischt, dann hat's mich runtergesetzt", berichtete er. "Schade. Ich hatte in beiden Disziplinen Chancen und habe mir eigentlich mehr vorgenommen gehabt."
Striedinger, der wie Mayer nun die Kombi bestreitet, erklärte: "Ich habe gut ins Rennen rein gefunden. Dort, wo man den Schwung ins Ziel hinein mitnehmen muss, hätte ich's aber taktisch anders anlegen sollen. Jetzt weiß ich, dass ich anders fahren hätte müssen. Es war ein Fehler an der blödesten Stelle"
Max Franz war aufgrund von starken Trainingsleistungen als Geheimfavorit ins Rennen gegangen. Am Ende sprang nicht einmal ein Top-Ten-Platz heraus. "Der obere Teil ist mir heute auch nicht so geglückt. Richtig zum Verhängnis geworden ist es mir vom Sprung bis zur Traverse. Im Rennmodus möchtest noch ein bisserl mehr", analysierte der 31-Jährige. "Gestern war die Linie sehr gut. Es war heute nicht so ein schöner, runder Lauf wie an den letzten zwei Tagen. Es ist sehr schade, es wäre was drinnen gewesen. Vinc hat eine starke Leistung runtergelegt, man muss ihm gratulieren."
Muzatons unfreiwillige Show-Einlage
Für die Szenen des Tages sorgten Maxence Muzaton und Baumann. Der Franzose erhielt Mitte seiner Fahrt einen Schlag und legte mit seinen 2,23 m langen Abfahrts-Ski bei 120 km/h eine noch nie gesehene, sturzfreie Abfahrts-Pirouette in den Steilhang. Baumann krachte nach der Zieldurchfahrt in die Absicherungen und wurde kurzzeitig darunter begraben. Der Vizeweltmeister im Super-G konnte die Unfallstelle mit Schrammen an Nase und Lippe aber auf eigenen Beinen verlassen.
1. |
Vincent Kriechmayr (AUT) |
1:37,79 |
(Schnitt 100,87 km/h) |
|
2. |
Andreas Sander (GER) |
1:37,80 |
+0,01 |
0,28 |
3. |
Beat Feuz (SUI) |
1:37,97 |
+0,18 |
5,03 |
4. |
Dominik Paris (ITA) |
1:38,44 |
+0,65 |
18,09 |
. |
Marco Odermatt (SUI) |
1:38,44 |
+0,65 |
18,09 |
6. |
Christof Innerhofer (ITA) |
1:38,69 |
+0,90 |
24,99 |
7. |
Nils Allegre (FRA) |
1:38,76 |
+0,97 |
26,91 |
8. |
Kjetil Jansrud (NOR) |
1:38,81 |
+1,02 |
28,29 |
9. |
Carlo Janka (SUI) |
1:38,87 |
+1,08 |
29,93 |
10. |
Bryce Bennett (USA) |
1:38,89 |
+1,10 |
30,48 |
|
Henrik Roea (NOR) |
1:38,89 |
+1,10 |
30,48 |
12. |
Travis Ganong (USA) |
1:39,03 |
+1,24 |
34,31 |
13. |
Max Franz (AUT) |
1:39,04 |
+1,25 |
34,58 |
14. |
Romed Baumann (GER) |
1:39,09 |
+1,30 |
35,95 |
15. |
Bostjan Kline (SLO) |
1:39,24 |
+1,45 |
40,03 |
16. |
Johan Clarey (FRA) |
1:39,29 |
+1,50 |
41,39 |
17. |
Felix Monsen (SWE) |
1:39,31 |
+1,52 |
41,94 |
18. |
Thomas Dreßen (GER) |
1:39,47 |
+1,68 |
46,28 |
19. |
Otmar Striedinger (AUT) |
1:39,63 |
+1,84 |
50,60 |
20. |
Jared Goldberg (USA) |
1:39,74 |
+1,95 |
53,57 |
21. |
James Crawford (CAN) |
1:39,78 |
+1,99 |
54,65 |
22. |
Dominik Schwaiger (GER) |
1:39,90 |
+2,11 |
57,87 |
23. |
Miha Hrobat (SLO) |
1:39,99 |
+2,20 |
60,29 |
24. |
Matteo Marsaglia (ITA) |
1:40,18 |
+2,39 |
65,37 |
25. |
Matthieu Bailet (FRA) |
1:40,22 |
+2,43 |
66,44 |
26. |
Jeffrey Read (CAN) |
1:40,34 |
+2,55 |
69,63 |
27. |
Marco Pfiffner (LIE) |
1:41,05 |
+3,26 |
88,40 |
28. |
Arnaud Alessandria (MON) |
1:41,57 |
+3,78 |
101,97 |
29. |
Broderick Thompson (CAN) |
1:41,96 |
+4,17 |
112,06 |
30. |
Barnabas Szollos (ISR) |
1:42,46 |
+4,67 |
124,89 |
Ausgeschieden u.a.: Matthias Mayer (AUT), Niels Hintermann (SUI), Maxence Muzaton (FRA)
GOLD (17)
1932 Cortina: Gustav Lantschner
1935 Mürren: Franz Ziegerle
1954 Aare: Christian Pravda
1956 Cortina: Toni Sailer
1958 Badgastein: Toni Sailer
1962 Chamonix: Karl Schranz
1964 Innsbruck: Egon Zimmermann II
1974 St. Moritz: David Zwilling
1976 Innsbruck: Franz Klammer
1978 Garmisch: Sepp Walcher
1980 Lake Placid: Leonhard Stock
1982 Schladming: Harti Weirather
1996 Sierra Nevada: Patrick Ortlieb
1999 Vail: Hermann Maier
2001 St. Anton: Hannes Trinkl
2003 St. Moritz: Michael Walchhofer
2021 Cortina: Vincent Kriechmayr
SILBER (7)
1948 St. Moritz: Franz Gabl
1952 Oslo: Othmar Schneider
1954 Aare: Martin Strolz
1970 Gröden: Karl Cordin
1974 St. Moritz: Franz Klammer
1980 Lake Placid: Peter Wirnsberger
2001 St. Anton: Hermann Maier
BRONZE (12)
1933 Innsbruck: Hans Hauser
1950 Aspen: Egon Schöpf
1952 Oslo: Christian Pravda
1954 Aare: Ernst Oberaigner
1956 Cortina: Anderl Molterer
1962 Chamonix: Egon Zimmermann II
1972 Sapporo: Heini Messner
1978 Garmisch: Werner Grissmann
1982 Schladming: Erwin Resch
2005 Bormio: Michael Walchhofer
2017 St. Moritz: Max Franz
2019 Aare: Vincent Kriechmayr