Die Grabenkämpfe im ÖSV und ein irritierendes ORF-Interview
Es dürfte allen klar gewesen sein, dass es der Nachfolger von Langzeitpräsident Peter Schröcksnadel nicht einfach haben würde. Nicht abzusehen war hingegen, dass der/die Neue sich gleich zu Beginn mit so einem riesigen Dilemma konfrontiert sehen würde: mit einem gespaltenen Verband, in dem sich in den letzten Wochen riesige Gräben aufgetan haben.
Renate Götschl oder Michael Walchhofer. Die Kandidatin, die der scheidende Präsident forciert, oder der amtierende Vize, der für einen Neustart steht – diese Frage spaltete die Landespräsidenten in zwei Lager. Auf der einen Seite Tirol, Vorarlberg, die Steiermark und Wien, die gemeinsam genug Stimmen haben, um Renate Götschl, wie von Schröcksnadel gewünscht, ins Amt zu hieven. Auf der anderen Seite eine Mehrheit der Landespräsidenten, die bei einer etwaigen Kampfabstimmung das Nachsehen hätten.
Rücktritt
Vor einer Woche schienen sich die beiden Lager bereits auf einen Kompromiss und den Präsidenten Walchhofer geeinigt zu haben, doch dann stellte Renate Götschl am Sonntag im ORF-Interview unmissverständlich klar: „Ich kandidiere als Präsidentin.“
Das war die komplizierte und brisante Ausgangslage vor dem Treffen des Wahlausschusses am Dienstagnachmittag in Anif. Dass der oberösterreichische Landespräsident Friedrich Niederndorfer, ein bekennender Befürworter von Walchhofer, 24 Stunden vor der Sitzung überraschend seinen Rücktritt erklärte, verdeutlicht nur die aufgeheizte Atmosphäre im Verband.
Noch-Boss Schröcksnadel unternahm in den letzten Wochen alles, um Werbung für seine Wunschkandidatin zu machen. Renate Götschl werde unterschätzt, ließ der Tiroler verlautbaren, „sie kann das Amt sehr wohl“.
Innerhalb des ÖSV haben viele an Götschl so ihre Zweifel. Dass sie den Landespräsidenten bislang nur wenige konkrete Zukunftspläne darlegen konnte hat die Grundskepsis nicht geringer werden lassen. Am Dienstag tauchte sie - im Gegensatz zu Konkurrent Michael Walchhofer - nicht in Anif auf, weil angeblich die Einladung an sie zu spät ausgesprochen wurde.
Zuletzt sorgte auch noch ihr Interview im ORF für Irritationen. Dabei bekam Götschl die Fragen von ihrem Mann gestellt, der für das Landesstudio Steiermark arbeitet. Dafür erklärte sich der ORF: Journalistisch waren die Aussagen unbestritten relevant, die Umsetzung der Fragestellung war jedoch ein Fehler, den der ORF bedauert.