Sport

Pfiffe und Buhrufe für den Vergewaltiger: Olympia wird zum Desaster

Für Beachvolleyballer Steven van de Velde wird sein Olympia-Debüt in Paris immer mehr zu einem Desaster. Der Niederländer zeigte sich bei seinem von Pfiffen und Buhrufen begleiteten Auftritt am Sonntag schweigsam, der Sport verkommt zur Nebenrolle. Acht Jahre, nachdem Van de Velde in England wegen sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen zu einer Haftstrafe verurteilt worden war, holt die Vergangenheit den Athleten beim größten Sportevent der Welt ein.

Der Beachvolleyballspieler steht im Zentrum eines Shitstorms in Paris, nachdem Opfergruppen sagten, seine Teilnahme sende eine gefährliche Botschaft an Vergewaltiger und verursache „Kollateralschäden“ für Opfer sexuellen Missbrauchs.

Die Partie, die Van de Velde mit seinem Partner Matthew Immers gegen das italienische Duo Alex Ranghieri/Adrian Carambula verlor (20:22, 21:19, 13:15), verkam zur Nebensache. Anders als Van de Velde stellte sich sein Teamkollege Immers im Anschluss den Journalisten. „Hat Steven Ihnen gegenüber je Reue gezeigt?“, wurde der Sportler etwa gefragt. „Haben Sie vor Olympia erwogen, nicht mit Steven anzutreten?“, wollte ein weiterer Reporter wissen. „Ihnen ist schon klar, dass das damals ein zwölfjähriges Mädchen war, oder?“, blaffte ein anderer Journalist hörbar entrüstet.

Zum Tatzeitpunkt war er 19 Jahre alt

Van de Velde, der jetzt 29 Jahre alt ist, wurde 2016 zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, nachdem er sich schuldig bekannt hatte, das britische Mädchen vergewaltigt zu haben. Er war 2014 nach England geflogen, um sie zu treffen, wobei er ihr Alter vollständig kannte, da er sie über Facebook kennengelernt hatte. Van de Velde verbüßte 12 Monate in einem britischen Gefängnis, bevor er in sein Heimatland überführt wurde, wo er nach einem weiteren Monat freigelassen wurde. Danach sprach er in einem TV-Interview vom „größten Fehler meines Lebens“. Er könne das Geschehen nicht rückgängig machen und müsse dafür die Konsequenzen tragen.

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Anfang der vergangenen Woche sah sich das Internationale Olympische Komitee Forderungen nach einer Untersuchung gegenüber, warum der Spieler an den Olympischen Spielen 2024 in Paris teilnehmen durfte. In einer vom Guardian eingesehenen E-Mail beharrte ein hoher Beamter des Niederländischen Olympischen Komitees darauf, dass Van de Velde kein Pädophiler sei, als Antwort auf einen besorgten Briten, der in den Niederlanden lebt.

"Schande für das Team"

Der Mann hatte die Aufnahme von Van de Velde ins Team als „Schande für die niederländische Nationalmannschaft“ bezeichnet. In einer Antwort schrieb der Sprecher des Niederländischen Olympischen Komitees: „Steven ist KEIN Pädophiler; glauben Sie wirklich, dass das niederländische NOC jemanden nach Paris schicken würde, der eine echte Gefahr darstellt? Nein, er ist keine Gefahr.“

Das IOC sei nicht „glücklich und zufrieden“ mit der Situation, sagt Sprecher Mark Adams. Allerdings habe Van de Velde das Recht auf Rehabilitation. Van de Velde übernachtet nicht im olympischen Dorf.

 

Der Fall überschattet die sportlichen Auftritte mit Partner Immers enorm. Dieser zeigte sich enttäuscht über die große - negative - Aufmerksamkeit. „Ich kenne den Typen seit drei, vier Jahren, wir haben jedes Turnier zusammen gespielt. Und erst jetzt gibt es darüber diese große Diskussion“, klagte der Sportler. Er würde sich wünschen, die Vergangenheit abzuhaken - das ist wohl ein unrealistischer Wunsch.

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