Kritik an Bayern-Star Kimmich: "Macht ihn nicht zum Impfexperten"
In Österreich ist seit Tagen Dominic Thiem das große Thema. Die Aufforderung des Gesundheitsministers, Österreichs Tennisstar solle sich impfen lassen, ließ die Wogen hochgehen. Prompt stiegen auch FPÖ und SPÖ in die Diskussion ein. Wie sich Sport-Stars zum Impfen verhalten ist aber nicht nur in Österreich zu einem Politikum geworden.
In Deutschland dreht sich hier alles um den deutschen Nationalspieler und Bayern-Star Joshua Kimmich. Im ZDF-Polit-Talk bei Maybrit Illner unter dem Motto "Kein Schutz, keine Freiheit - Lockdown für Ungeimpfte?" sorgte der abwesende 26-Jährige für kontroverse Debatten.
Der Hamburger Professor Jonas Schmidt-Chanasit nahm Kimmich dabei in Schutz: "Man muss seine Bedenken erst einmal ernst nehmen!", sagte der 42-Jährige und warf Kritikern des Profis vor: "Das ist eine private Entscheidung, und ich finde es problematisch, das in der Öffentlichkeit so auszukehren!"
Guter Fußballer, kein Experte
Es komme darauf an, dass man auf die Ängste der Bürger eingehe, "und natürlich dann mit den wissenschaftlichen Fakten argumentieren kann, die ganz klar für diese Impfung sprechen. Trotzdem muss man akzeptieren, dass es immer Menschen geben wird, die sich nicht impfen lassen", sagte der Virologe. Wer sich nicht impfen lassen wolle, solle sich wenigstens regelmäßig testen lassen, und "das hat ja Joshua Kimmich gemacht", führte er aus.
Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher kritisierte hingegen die Haltung des Nationalspielers. "Herr Kimmich ist ein sehr guter Fußballspieler, das macht ihn aber nicht zum Impfexperten." Kimmich hatte seine Haltung mit Bedenken begründet, "was fehlende Langzeitstudien angeht." Es gebe aber genug Experten, die erklären können, dass das eine sehr unrealistische Erwartung ist, sagte der SPD-Politiker. Unter Berufung auf diese Experten schlussfolgerte er: "Es ist sehr viel sicherer, sich impfen zu lassen, als mit diesem Virus in Kontakt zu kommen."
Erregung und Empörung
Die deutsche Ethikrat-Chefin Alena Buyx mahnte an: "Kimmich ist für viele ein Vorbild. Er sollte sich besser beraten lassen!" Die Ärztin Sibylle Katzenstein äußerte Verständnis für Kimmich, weil er "vielen Menschen aus der Seele spricht". Sie habe "noch keinen Patienten gehabt, der sich zur Impfung bewegen ließ, weil ein Herr Spahn sich als Vorbild impfen lässt oder weil ein Herr Kimmich sich nicht impfen lässt." Daher forderte sie: "Dieses ganze Moralgedöns muss raus aus der Diskussion!"
Ähnlich sieht es Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne). Er hält zwar Kimmichs Bedenken für falsch, der 49 Jährige kritisiert aber: "Wir geraten in dieser Gesellschaft zu leicht in Erregung." Alles, was da drauf gepackt werde, sei "eine Erregungs- und Empörungs-Demokratie, die aber nicht besser macht".