Warum SPÖ? "Kindern zeigen, wie eine Zukunft aussehen kann"
Heute beginnt der SPÖ-Bundesparteitag in Wels. Hier soll nicht nur Pamela Rendi-Wagner zur ersten weiblichen Vorsitzenden in der Geschichte der Sozialdemokratie gewählt werden, hier wollen die Genossen auch den Befreiungsschlag aus sinkenden Umfragewerten und Beschäftigung mit sich selbst schaffen.
Der KURIER hat vor dem Parteitag Menschen besucht, die zur Sozialdemokratie stehen - Menschen wie Kurt Weiss.
Mitglied seit 1945
Kurt Weiss ist ein zufriedener Mann. Der 97-jährige Wiener lebt in derselben Genossenschaftswohnung im 3. Bezirk, die er 1966 mit seiner mittlerweile verstorbenen Ehefrau Herma bezogen hat – damals, in der Nachkriegszeit, als ein Kasten und ein Klappbett ihr „einziges Vermögen“ waren. Trotz seines stolzen Alters ist er noch recht fit, gelegentlich kommt die Heimhilfe der Volkshilfe, aber einkaufen geht er oft noch selbst.
Kurt Weiss war in seiner aktiven Zeit Berufsfeuerwehrmann und trat der SPÖ gleich schon 1945 bei. In Wien kennt er jede Gasse, er sammelte als Parteikassier die Mitgliedsbeiträge mit den Markerln ein. Sein Onkel, ein Bademeister und „super Sozialist, der jedem geholfen hat“, hat ihn geprägt.
Politik habe sich damals in den Grätzeln abgespielt – in Weiss’ Fall war das Aspern. „Ganze Familien waren da mit ihren Kindern, und ich mittendrin. Durch die Diskussionen habe ich erfahren, wie schlecht die Menschen behandelt wurden, wo die Probleme liegen, und was man machen soll, damit das System menschenfreundlicher wird“, erzählt Herr Weiss.
Wenn den 97-Jährigen (der schon fast zehn Jahre in Pension war, als der heutige Kanzler geboren wurde) etwas ärgert, dann ist es die FPÖ und die Art, wie in der Politik mit Flüchtlingen umgegangen wird.
"Mehr ist momentan nicht drin"
„Für mich ist jeder Mensch es wert, dass man ihn zur Kenntnis nimmt und unterstützt“, betont Weiss, der im Lauf des Lebens nicht nur eine Migrationswelle miterlebt hat. Auch jene Menschen, die jetzt nach Österreich kommen, könne man verkraften, meint er.
Von der Sozialdemokratie erwartet er derzeit nicht viel. „Die Partei macht das bestmögliche. Mehr ist momentan nicht drin in der Opposition.“
Er wünscht sich, dass die SPÖ wieder in die Regierung kommt. „Ich hoffe, dass die Partei weiterhin für arme Menschen da ist, sie unterstützt und jedem einen gewissen Lebensstandard zukommen lässt. Der eine hat zu viel, der andere hat zu wenig. Und das auszugleichen ist nicht einfach“, sagt Weiss.
Als „eingefleischte SPÖ-Wähler“ bezeichnen sich auch Sabrina und Peter Divoky. Das Ehepaar ist vor 15 Jahren aus Wien nach Traiskirchen gezogen.
Wieso es sie zur Sozialdemokratie hinzieht? „Es gibt Dinge, die werden einem mitgegeben, und vieles kann man lernen. Und ich überlege immer, was kann ich meinen Kindern mitgeben für die Zukunft“, sagt Sabrina Divoky. Werte wie Menschlichkeit, Gerechtigkeit und gleiche Chancen erkenne sie am ehesten bei der SPÖ.
Sie schätzen auch den Gemeinschaftssinn. Ihre Zeit verbringen Sabrina und Peter Divoky mit den beiden Söhnen - eineinhalb und zehn Jahre alt - gerne im SPÖ-Parteilokal in Traiskirchen. Dort kommt man zusammen, diskutiert in ungezwungener Atmosphäre. Parteifunktionäre waren die beiden nie, nur bei den SPÖ-nahen Kinderfreunden engagieren sie sich gelegentlich.
Fragt man sie nach den Fehlern, die in der Partei zuletzt gemacht wurden, atmen die beiden erst einmal tief durch. Peter Divoky: "Man sagt ja: Hochmut kommt vor dem Fall." Die Partei habe sich zuletzt wohl zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Es zähle weniger, wer an der Spitze ist - wichtig seien die Inhalte.
Was die neue Chefin Pamela Rendi-Wagner betrifft, sind die beiden noch skeptisch. "Ich hätte mir mehr Präsenz gewünscht", sagt Sabrina Divoky. "Wenn man nicht auf Facebook schaut, dann kriegt man sehr wenig mit, was sie tut und was sie denkt. Und das ist schade, denn sie macht eigentlich einen sehr kompetenten Eindruck."
Das sieht auch ihr Mann so: "Ich finde, dass sie zu sehr schweigt, dass sie zu leise ist. Sie müsste viel mehr in den Vordergrund treten"
Was bedeutet es für sie, SPÖ zu wählen? „Wir machen nicht nur das Kreuzerl bei Rot, sondern versuchen, diese Werte zu leben: Solidarisch zu sein, anderen zu helfen – das ist unser Weg, unseren Kindern zu zeigen, wie eine Zukunft aussehen kann.“
Und hier die Interviews in der Langversion: