Türkis-grünes Machtwort zum Impfen
An der Impfpflicht wird nicht gerüttelt. Das stellten ÖVP und Grüne am Donnerstag unmissverständlich klar.
Einzelne Landeshauptleute – von ÖVP und SPÖ – hatten das zuletzt angezweifelt. Sie wollen, dass geprüft wird, ob die Impfpflicht noch verhältnismäßig sei, wenn angesichts der milderen Omikron-Variante ohnehin keine Überlastung des Gesundheitssystems droht.
Gut geschützt
„Wir haben die Pandemie schon einmal zu früh für beendet erklärt“, konterte die grüne Klubchefin Sigrid Maurer am Donnerstag im Ö1-„Morgenjournal“. Ziel der Impfpflicht sei, „dass wir im Herbst gut geschützt sind vor einer nächsten Welle“.
Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) sprang ihr bei: Eine Kommission werde „zu gegebener Zeit die Lage beurteilen“ – das sei im Gesetz vorgesehen. Bezüglich Zeitplan sei dem, was Maurer gesagt hat, „nichts hinzuzufügen“.
Auf KURIER-Anfrage äußerte sich auch Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne): Das Impfpflichtgesetz sei durch einen breiten Konsens entstanden und solle bestmöglich auf etwaige kommende Wellen vorbereiten: „Daher halte ich am ursprünglichen Zeitplan fest.“
Wie flexibel ist der Plan?
Doch wie sieht dieser Plan aus – und was stört die Landeshauptleute daran?
Derzeit befinden wir uns in Phase 1, in der informiert und aufgeklärt werden soll. In Phase 2 folgen Polizeikontrollen mitsamt Strafen. Das Startdatum, der 16. März, ist im Gesetz festgeschrieben.
Für Phase 3 gibt es kein fixes Datum. Schon bei der Präsentation des Gesetzesentwurfs erklärte die Regierung, dass diese Phase vielleicht gar nicht notwendig sein wird, wenn sich die epidemiologische Lage ändert.
Details
Beurteilen soll das die Kommission, die Nehammer erwähnt hat. Der Gesundheitsminister kann dann Teile des Gesetzes per Verordnung außer Kraft setzen – Mückstein ist in Phase 2 quasi „Herr“ über die Impfpflicht.
Die Zustimmung der gesamten Regierung braucht es erst für Phase 3, wenn ein Impfstichtag festgelegt wird. Ab da werden Impfregister und Melderegister abgeglichen, um Ungeimpfte automatisch zu strafen.
Gegen „Hü und Hott“
Die Landeshauptleute haben zuletzt Druck gemacht: Kärntens Peter Kaiser (SPÖ) und Salzburgs Wilfried Haslauer (ÖVP) wollen, dass die Impfpflicht schon vor dem 16. März evaluiert und möglicherweise ausgesetzt wird.
Ohne sich auf Zeitpunkt oder Phase festzulegen, sagt die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner: „Sollte die Wissenschaft zu neuen Erkenntnissen kommen, dass es die Impfpflicht nicht mehr braucht, bin ich die Erste, die dafür eintritt, sie auszusetzen.“
"Ende der Debatte"
Tirols Günther Platter (ÖVP) pocht darauf, dass die Kommission „rasch“ eingesetzt wird und prüft – er will ein „Ende der Debatte“. Die Bevölkerung sei verunsichert.
Eher für ein Beibehalten des Plans ist sein steirischer Kollege Hermann Schützenhöfer: „Man kann nicht ein Gesetz schaffen und es dann gleich wieder abschaffen. Dieses Hü und Hott wird uns die Bevölkerung nicht abnehmen.“
Weitere Kritik
Wiens SPÖ-Stadtrat Peter Hacker hält nichts von dem „Hobby, ständig alles zu hinterfragen, das wir gerade erst entschieden haben“.
Und Sozialversicherungs-Chef Peter Lehner kritisierte die jüngsten Wortmeldungen aus den Ländern.
"Jetzt von den Ländern hier zu intervenieren und Unsicherheit zu verbreiten, halte ich einfach nicht für gut", sagte der Co-Vorsitzende der Konferenz der Sozialversicherungsträger gegenüber der "Wiener Zeitung" (Freitag-Ausgabe). Das Gesetz biete mit den noch zu gestaltenden Verordnungen die "notwendige Flexibilität" bei der Umsetzung. "Da hat sich der Gesetzgeber schon etwas überlegt", meinte Lehner.
Er erinnerte daran, dass die Impfpflicht nicht nur vom Nationalrat, sondern am 3. Februar auch vom Bundesrat beschlossen worden sei, in dem "die Länder durchaus einen Einfluss haben". Deswegen lehnt er ein Abgehen von der Impfpflicht nur wenige Wochen später ab. "Jetzt gleich wieder zurückzugehen und Dinge zu ändern, wo noch nicht einmal die Tinte trocken ist, halte ich für kontraproduktiv", sagte Lehner.
Keine Eile
Mit der Einrichtung der Kommission hat die Regierung offenbar keine Eile: Ein „erstes Zusammentreffen“ soll laut Gesundheitsministerium „in den kommenden Wochen festgelegt“ werden. Ein Bericht muss per Gesetz spätestens drei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes vorliegen. Das wäre im Mai.