Nach Kurz startet auch Strache einen eigenen Thinktank
Nachdem Sebastian Kurz im Vorjahr im Bundeskanzleramt mit „Think Austria“ einen eigenen Thinktank (Stabsstelle für Strategie, Analyse und Planung) eingerichtet hat, zieht Vizekanzler Heinz-Christian Strache jetzt nach. Am Dienstag präsentierte er eine Plattform mit dem etwas sperrigen Namen „Denkwerk zukunftsreich“. Öffentlich vorgestellt wird die Plattform am Mittwoch bei einem nicht unumstrittenen Event.
Während sich Kurz’ Stabsstelle strategischen Themen widmen soll, um Österreich im internationalen Wettbewerb voranzubringen, gibt sich Strache thematisch bodenständiger. Sein Thinktank soll sich um „jene Probleme kümmern, die der Bevölkerung unter den Nägeln brennen“. Strache: „Wir wollen die großen brennenden Fragen behandeln. Alles, was im Bereich Politik und Gesellschaft, Sicherheitspolitik und Migration ein Thema ist.“
Alle sind eingeladen
Konkret sollen externe Experten Input zu den jeweiligen Problemstellungen liefern. Das soll „nicht hinter verschlossenen Türen oder abgehoben von der Bevölkerung“ passieren. Alle – „auch Personen und Institutionen, die uns nicht nahe stehen“ – seien eingeladen, sich ehrenamtlich einzubringen.
Ab Mittwoch wird das über die Homepage der Plattform (www.denkwerk-zukunftsreich.at) möglich sein.
Inhaltlich blieb Strache am Dienstag noch recht vage. Das war allerdings auch bei Kurz’ „Think Austria“ so. Nach einer ersten Ankündigung dauerte es ein halbes Jahr, bis Details bekannt gegeben wurden.
Namhafte Kurz-Berater
Seit Herbst leitet Antonella Mei-Pochtler das Beratungsgremium des Kanzlers. Der langjährigen Chefin der Boston Consulting Group steht ein hochkarätiger Expertenbeirat zur Seite: Darunter Ex-UN-Generalsekretär Ban Ki-moon, Helga Rabl-Stadler (Salzburger Festspiele), Danielle Spera (Direktorin des jüdischen Museums), Erste-Chef Andreas Treichl und der frühere OECD-Direktor Andreas Schleicher.
Diese beraten Kurz zu den Themenfeldern Nachhaltiges Wachstum, Gesundheit, Innovationsmanagement, Bildung und Sicherheit.
In Straches Denkwerk kann man „noch keine entsprechenden Namen“ bieten, sagt sein Sprecher. Auch inhaltlich will man erst später konkret werden.
Podiumsgäste mit Nähe zum rechten Rand.
Erst konzentriert man sich auf den Auftaktevent, eine groß angelegte Diskussionsveranstaltung am Mittwoch. Die sorgt schon im Vorfeld für Kritik. Strache lädt zu einem Podium über „Islamischen Antisemitismus“, mit nicht unproblematischen Diskussionspartnern.
So tritt unter anderem der Politikwissenschafter Michael Ley auf – gern gesehener Gast bei den rechtsextremen Identitären. Auf dem Podium sitzt weiters Laila Mirzo. Die zum Christentum konvertierte Syrerin ist ebenfalls wiederholt bei Veranstaltungen rechter Gruppierungen aufgetreten. Der Publizist Henryk M. Broder sorgte unlängst mit einem Auftritt bei der AfD für Wirbel.
Das Thema zieht. Mehr als 700 Personen haben sich laut Strache angemeldet.
Nicht nur was prominente Namen angeht, auch personell hat Kurz’ Thinktank die Nase vorne. Fünf Mitarbeiter sind dafür abgestellt. Bei Strache steht für die Plattform ein Dienstposten zur Verfügung.
FPÖ-Historiker leitet Thinktank
Geleitet wird das Denkwerk von Thomas Grischany. Der Historiker (u.a. „Der Ostmark treue Alpensöhne: Die Integration der Österreicher in die großdeutsche Wehrmacht“) gehörte der Historikerkommission an, die die FPÖ-Vergangenheit aufarbeiten sollte.
Rechtliche Basis solcher Thinktanks ist eine Dienstrechtsnovelle aus dem Vorjahr, die Kanzler und Vizekanzler die Anstellung von Beratern ohne vorherige Ausschreibung ermöglicht.