Politik/Inland

Seniorenrat mahnte die von der Regierung versprochenen Reformen ein

Der Österreichische Seniorenrat hat bei seiner Vollversammlung am Dienstag die Regierung an ihren Aufholbedarf bei größeren und teils schon lange angekündigten Vorhaben erinnert. Vor allem eine Pflegereform sei längst überfällig, erinnerten die beiden Vorsitzenden Ingrid Korosec (ÖVP) und Peter Kostelka (SPÖ) in ihren Reden. Auch die Neuregelung zur Sterbehilfe sowie der von Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) angekündigte "Pakt gegen die Einsamkeit" stünden noch aus.

Bekenntnis zur Pflegereform

Kurz' Nachfolger als Regierungschef, Alexander Schallenberg, absolvierte beim Seniorenrat einen seiner ersten öffentlichen Auftritte in seiner neuen Funktion. "Wir alle haben in Österreich in den vergangenen Wochen wirklich turbulente Zeiten erlebt", sprach er die Koalitionskrise an. Das "Regierungsschiff" sei ins Schlingern gekommen, aber nicht gekentert. Nun müsse es wieder an die inhaltliche Arbeit gehen, so Schallenberg, der neben der Coronakrise auch die Altersarmut bekämpfen will. Auch das automatische Pensionssplitting solle noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden, versprach Schallenberg. Ein Bekenntnis gab es auch zu einer Pflegereform.

Die Festrede bei der Vollversammlung hielt Bundespräsident Alexander Van der Bellen. In unserer Gesellschaft herrsche ein veraltetes Bild vom Alter vor, sagte er. "Es wäre an der Zeit, dieses Bild neu zu malen." Van der Bellen würdigte auch das ehrenamtliche Engagement vieler Seniorinnen und Senioren. Mahnende Worte an die Regierung gab es vom Bundespräsidenten diesmal nicht. Auch sachpolitisch äußerte er sich nicht.

Mückstein: Lebensqualität sichern

Ein Bekenntnis zur aktiven Sozialpolitik hatte davor der dafür zuständige Minister Wolfgang Mückstein (Grüne) abgelegt. Es sei ihm ein persönliches Anliegen, die Lebensqualität aller Menschen in Österreich zu sichern, aber auch zu verbessern, sagte er in seiner Rede. Wesentlich dabei seien auch Maßnahmen zur Bekämpfung von Altersarmut. Auch die aktive Teilhabemöglichkeit für Seniorinnen und Senioren an der Gesellschaft sei wichtig. Dafür müsse die Politik die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen.

Einen großen Teil des Leitantrags, über den am Dienstag abgestimmt wird, macht naturgemäß jener zu den Pensionen aus. Pensionistenverbandschef Peter Kostelka forderte in seinem Eingangsstatement zudem ein Gesetz gegen Altersdiskriminierung, wie dieses bereits in vielen Staaten existierte. Ebenfalls wichtig ist den Seniorenvertretern eine Verankerung des Rechts auf Pflege in der Verfassung. Der Leitantrag sei dahingehend "ein Hilfeschrei", sagte Kostelka. Auch Ingrid Korosec vom Seniorenbund appellierte an die Regierung, das Vorhaben schnell anzugehen.

Was bei der Steuerreform fehlt

Auch bei der Steuerreform sei "bei weitem nicht alles gelöst worden", kritisierte Kostelka, etwa im Bereich der Mindestpensionen. Bezieher und Bezieherinnen einer Ausgleichszulage seien von Zuverdienst-Möglichkeiten de facto ausgeschlossen. Was für den Seniorenrat noch weiterhin fehlt - und auch dahin geht der Auftrag an die Regierung - ist eine neue gesetzliche Regelung nach der Aufhebung des Verbots des assistierten Suizids durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Korosec warnte dahingehend vor Missbrauch und forderte den raschen Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung.

Auch ein Appell zur Impfung durfte bei der Vollversammlung des Seniorenrats natürlich nicht fehlen. Seniorenbund-Chefin Korosec freute sich in ihrer Eingangsrede dennoch, dass die Veranstaltung "physisch" stattfinden konnte. Für den Seniorenrat sei genug zu tun, betonte sie. "Wir sind kein großer Kostenfaktor, wir sind ein ganz wichtiger Wirtschaftsfaktor", betonte sie in Richtung ihrer Mitglieder und: "Wir werden immer mehr."

Auch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) kam bei der Vollversammlung im großen Redoutensaal der Hofburg, wo sonst die Nationalratssitzungen stattfinden, als Gastgeber zu Wort. Er sah die Zusammenkunft zwar als Zeichen, dass man die Pandemie gut überwunden habe. Die Krankheit sei allerdings nicht vorbei und auch nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Sobotka appellierte an die Seniorinnen und Senioren, sich impfen zu lassen. Er selbst habe bereits seinen "dritten Stich".

Für den Nachmittag standen bei der 12. ordentlichen Vollversammlung des Seniorenrates die Berichte, Wahlen und die Behandlung der Anträge auf der Tagesordnung.