Reform des Verbotsgesetzes: Abnahme von NS-Devotionalien leichter möglich
Erst Mitte Oktober zeigte sich, wie notwendig die Reform ist. Ein Unteroffizier war mehrfach in SS-Uniform unterwegs gewesen, wie der KURIER berichtete. Doch welche gesetzliche Handhabe gibt es in Österreich, um dagegen vorzugehen?
Justizministerin Alma Zadić und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler präsentierten mit Gerhard Baumgartner, dem wissenschaftlichen Leiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes, neue Maßnahmen im Kampf gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus.
Die grüne Justizministerin erinnerte an die jüngsten Gedenktage und daran, dass die Pandemie die Extremismen verstärkt hat. "Bei jeder Form von NS-Verharmlosung oder -Verherrlichung gibt es null Toleranz", so Zadić. Um beim Verbotsgesetz noch "treffsicherer" zu sein, wurde im Justizministerium analysiert, welcher Verbesserungen es bedarf.
Zentral sei, so die Ministerin, die
- Ausweitung der Gerichtsbarkeit: Ahndung von Postings, die im Ausland getätigt werden und auf Österreich abzielen. D.h. wer beispielsweise ein antisemitisches Posting in Spanien absetzt, kann dafür in Österreich belangt werden
- Einziehung von NS-Devotionalien: Künftig dürfen Behörden NS-Devotionalien schneller aus dem Verkehr ziehen
- "Gröbliche" Verharmlosung: Nach dem Verbotsgesetz wird künftig auch vorgegangen werden, wenn es sich nicht um "gröbliche" Verharmlosung handelt. Das Wort "gröblich" wird aus dem Gesetz gestrichen
Es sei "die historische Pflicht, achtsam zu sein", sagt die grüne Justizministerin. "Bei Antisemitismus darf es keine Toleranz geben", schließt Karoline Edtstadler an. Erfreulicherweise seien die antisemitischen Vorfälle leicht rückläufig, doch es werde auch weiterhin weiterer Maßnahmen bedürfen. Insbesondere als Europaministerin sei es Edtstadler wichtig, auch im digitalen Raum Grenzen aufzuzeigen. "Es geht darum, Zähne zu zeigen. Dafür brauche wir die Ausweitung der inländischen Gerichtsbarkeit."
Edtstadler: "Es geht darum, Zähne zu zeigen"
Die Verfassungsministerin betont, dass es künftig auch bei erwachsenen Straftätern leichter zu einer Diversion kommen können soll. Bei jungen Straftätern sei dies bereits vermehrt passiert. Um das Bewusstsein und die Sensibilität für das Thema zu schärfen, seien Besuche von ehemaligen Konzentrationslagern und Gesprächen mit Überlebenden der NS-Zeit maßgeblich.
Gerhard Baumgartner, Mitglied der Expertengruppe, befürwortet ebenfalls den vermehrten Einsatz der Diversion. Ein Besuch des KZs Mauthausen werde allerdings nicht immer ausreichen, so der wissenschaftliche Leiter des DÖW. Zudem sollen Staatsanwälte, Richter und Exekutivbeamte in punkto Verbots- und Symbolgesetz weiter geschult und sensibilisiert werden.
Künftig sollen auch "modifizierte Symbole", schneller und strenger geahndet werden können, so Baumgartner, der damit u.a. das Tragen von Davidsternen bei Corona-Demos meint.
Die Reform des Bundesstaatsanwalt laufe weiter, so die beiden Ministerinnen auf KURIER-Nachfrage. Man treffe sich nicht nur beim Ministerrat, so Edtstadler, sondern öfter pro Woche.
"Für mich ist die MRK nicht verhandelbar", sagt Edtstadler auf Nachfrage, ob sie dem Ansinnen von ÖVP-Klubchef August Wöginger etwas abgewinnen kann. Sie stehe im Verfassungsrang, sei "unantastbar". Gleich lautend auch das Statement der grünen Justizministerin. "Die Europäische Menschenrechtskonvention ist unantastbar".
Edtstadler interpretierte Wöginger derart, dass dieser eine europäische Verständigung im Asylbereich angepeilt habe. Entsprechender Druck werde ja auch von Östereich aus auf EU-Ebene gemacht. Die Ministerin wies daraufhin, dass Österreich als einziges Europaratsland die EMRK im Verfassungsrang habe. Auf letzteren Punkt wie auch Zadic hin und im Zusammenhang damit darauf, dass die Konvention für die Grünen eben nicht verhandelbar sei.