Reaktionen auf Wiederwahl: "Hackeln, während die anderen packeln"
Von Michael Hammerl
Alexander Van der Bellen ist als Österreichs Bundespräsident im ersten Wahlgang wiedergewählt worden. In den ersten Hochrechnungen lag Van der Bellen bei rund 55 Prozent. Damit lag er deutlich vor seinem ersten Verfolger Walter Rosenkranz (FPÖ), der bei rund 18 Prozent lag. Auch bei Ausreizung der Schwankungsbreite steht damit fest: Van der Bellen erhält eine zweite Amtszeit.
"Sehr, sehr feines Ergebnis"
Van der Bellen hat angesichts der positiven Hochrechnungen, die eine Wiederwahl im ersten Wahlgang prognostizieren, in einer Videobotschaft seinen Wählerinnen und Wählern gedankt. "Danke für Ihre Stimme. Ich werde sorgsam damit umgehen", sagte er in der am späten Sonntagnachmittag via Social Media verbreiteten Botschaft, die auch in der Wahlzentrale seiner Unterstützer bejubelt wurde.
"Als Bundespräsident möchte ich heute allen danken, die ihr demokratisches Recht in Anspruch genommen haben und zur Wahl gegangen sind. Das ist wichtig", sagte er und nannte den Wahltag den "höchsten Feiertag der Demokratie". Als Kandidat wolle er sich gerne "bei allen bedanken, die mir ihr Vertrauen geschenkt haben".
Nun gelte es, gemeinsam nach vorne zu schauen und sich ohne Verzögerung wichtigen Themen zu widmen. "Egal, ob Sie mir persönlich Ihre Stimme anvertraut haben oder einem anderen Kandidaten, ich werde nach bestem Wissen und Gewissen für alle Österreicherinnen und Österreicher und alle, die in Österreich leben, arbeiten."
Und Van der Bellen weiter: "Ich lade alle konstruktiven Kräfte ein: Packen wir's gemeinsam an. Die Aufgaben, die vor uns liegen, sind groß und es braucht einen Schulterschluss um sie zu lösen. Ich werde ab morgen an die Arbeit gehen und das Meinige dazu beitragen."
FPÖ zufrieden
Wie reagieren die Verfolger?
Walter Rosenkranz zeigte sich nach den ersten Hochrechnungen trotz der Absoluten für Van der Bellen "sehr zufrieden" mit seinem Abschneiden. Zwar sei das erste Ziel, eine Stichwahl, nicht erreicht worden, sagte er zur APA. Allerdings das zweite, nämlich den zweiten Platz zu erreichen. Zudem habe das Hochrechnungsergebnis auch alle Umfragen übertroffen.
Seinen Herausforderern - inklusive Amtsinhaber Van der Bellen - gratulierte Rosenkranz und fügte hinzu: "Ich habe sie auch ein bisschen lieb gewonnen." Bereits am Montag will der FPÖ-Kandidat wieder in seinem Büro als Volksanwalt arbeiten, kündigte er an.
Wlazny: Wie geht es jetzt weiter?
"Wir haben mit einem kleinsten Team, ohne Parlamentspartei im Hintergrund und ohne großes Medienhaus im Hintergrund, aus dem Stand so etwas zusammengebracht", reagierte Dominik Wlazny, der in den ersten Hochrechnungen Platz drei erreichte. "Ich bin hochzufrieden." Die Wahl sei kein Testlauf für die kommende Nationalratswahl gewesen. "Wie es weiter geht, wird sich jetzt weisen", sagte Wlazny am Sonntagabend. Vorerst bleibe er einmal Bezirksrat, "und was kommt, das kommt".
Wallentin: "Sensationell"
Der Rechtsanwalt Tassilo Wallentin bezeichnete sein Ergebnis bei der Bundespräsidentenwahl angesichts seiner geringen finanziellen Mittel als "sensationell". "Umgelegt auf eine Nationalratswahl wäre das ein Erdrutschsieg", meinte Wallentin in einer ersten Reaktion in der Wahlkampfzentrale. Der frühere Krone-Kolumnist wurde im Wahlkampf finanziell von Magna-Gründer Frank Stronach unterstützt.
Seine politische Zukunft ließ Wallentin offen - darüber habe er noch keine Entscheidung getroffen.
Grosz: Schlechtes Ergebnis für Van der Bellen
"Das große Ziel wäre die Stichwahl gewesen", sagte hingegen der fünftplatzierte Kandidat Gerald Grosz. Das sei nicht gelungen. Allerdings habe der Amtsinhaber in der Geschichte der Zweiten Republik noch nie so schlecht abgeschnitten. Grosz, der in den Hochrechnungen knapp unter sechs Prozent lag, sprach von einem Achtungserfolg. "Keine Sorge", schickte er vorweg, er werde nicht bei der kommenden Nationalratswahl antreten.
MFG-Brunner enttäuscht
MFG-Chef Michael Brunner hat sich in einer ersten Stellungnahme nach der Präsidentschaftswahl enttäuscht und zufrieden gleichzeitig gezeigt. Er hätte sich natürlich mehr als die 2 Prozent, die die erste Hochrechnung auswies, gewünscht, aber seine Partei habe mit diesem Wahlkampf ihre Botschaften unter das Volk bringen können und das sei der Erfolg. MFG stehe für einen Systemwechsel und das habe man in der Öffentlichkeit darstellen können.
Dass es nicht bei jeder Wahl gut laufen könne, liege in der Natur der Sache. Aber MFG werde weitermachen. "Wir sind gekommen, um zu bleiben", sagte Brunner direkt nach Wahlschluss in der Wahlzentrale im Palais Niederösterreich.
Staudinger warnt vor dem "Mainstream"
Auch der Unternehmer Heinrich Staudinger führte sein Abschneiden auf die geringeren finanziellen Mittel im Wahlkampf zurück. Dieser sei auch eine "Geldschlacht" gewesen, so Staudinger in einer ersten Reaktion nach der ersten Hochrechnung, die ihn bei knapp zwei Prozent sah. Seine Botschaft: "Mit dem Mainstream werden wir an die Wand fahren."
Die Medien seien leider Teil dieses Mainstreams, bedauerte der Schuhfabrikant. "Von oben" sei leider nichts zu erwarten - er hoffe daher auf die Zivilgesellschaft. Er bedauere keine Sekunde, selbst nicht mehr in den Wahlkampf investiert zu haben. Von seinem Wahlkampfbudget sei sogar noch etwas übriggeblieben. Das werde er nun Bedürftigen spenden.
"Demütig weiterarbeiten"
"Diese Wahl hat in sehr unsicheren, stürmischen Zeiten stattgefunden", sagte Sigrid Maurer (Grüne), in einer Runde der Generalsekretäre im ORF – kurz nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen am Sonntagabend. Es sei ein "tolles Ergebnis", das die Arbeit Van der Bellens bestätige, meinte Maurer. Mit sieben Personen seien so viele Kandidaten wie nie angetreten, sagte Maurer.
FPÖ-Kandidat Rosenkranz sei nicht von den anderen Mitte-Rechts-Kandidaten zerrieben worden, sagte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz. Er kratze ja an den 20 Prozent, es sei ein guter Tag für die FPÖ: "Wir nehmen das als Arbeitsauftrag wahr, demütig weiterzuarbeiten." Im Gegensatz zu den Großparteien habe die FPÖ ihre "staatsbürgerschaftliche Pflicht" wahrgenommen und mit Rosenkranz einen seriösen Gegenkandidaten gegen "das politische Einheitssystem" aufgestellt. Trotz Unterstützung von Grünen, ÖVP, SPÖ und Neos habe Van der Bellen "nur" 55 Prozent erreicht. Die FPÖ würde "hackeln, während die anderen packeln".
"Schwierige Zeiten"
Christian Stocker (ÖVP) hielt dagegen: Van der Bellen sei "kein Regierungskandida" gewesen. "Die Österreicherinnen und Österreicher haben für stabile Verhältnisse gesorgt, weil im ersten Wahlgang eine eindeutige Entscheidung getroffen wurde", sagte Stocker. Er hoffe auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit in dessen zweiter Amtsperiode.
Warum hat neben der ÖVP auch die SPÖ keinen Gegenkandidaten aufgestellt? Es sei von Anfang an klar gewesen, dass man Van der Bellen bei einer Wiederkandidatur unterstützen werde, sagte Christian Deutsch (SPÖ). Van der Bellen habe gezeigt, dass er in schwierigen Zeiten "mit Besonnenheit und ruhiger Hand durch Krisen führen kann". Der amtierende Bundespräsident habe für Kontinuität gesorgt.
"Man muss Alexander Van der Bellen wirklich gratulieren. Das ist ein Ergebnis, das für Stabilität sorgt, gerade in so schwierigen Zeiten", sagte Neos-Generalsekretär Douglas Hoyos-Trauttmansdorff. Gleichzeitig nutzte er den Zeitpunkt, um Kritik an der Bundesregierung zu üben. Man werde den Druck "hochhalten", damit die Regierung Lösungen bei der Teuerung und der Anti-Korruption liefere.
Erleichterung
Quer durch das Land würdigten freiheitliche Spitzen das Abschneiden von Rosenkranz als Achtungserfolg. FPÖ-Chef Herbert Kickl sandte aus, dass das "politische Establishment" an seine Grenzen gekommen sei.
Während sich Kanzler und ÖVP-Obmann Karl Nehammer mit schriftlichen Glückwünschen begnügte, dominierte bei den liberalen und linken Parteien Erleichterung. "Gerade in stürmischen Zeiten ist es wichtig, dass es einen Bundespräsidenten gibt, der Stabilität garantiert", sagte etwa Grünen-Bundessprecher und Vizekanzler Werner Kogler zum Sieg seines ehemaligen Parteikollegen. Auch SP-Chefin Pamela Rendi-Wagner interpretierte das Ergebnis als "Entscheidung für Stabilität und Kontinuität". Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger freute sich, dass das Ergebnis so klar war. Sie hatte Van der Bellen sogar bei Auftritten im Wahlkampf unterstützt.