Neos zu Steuerreform: "Vertane Chance und schlechte Nachricht für die Jungen"
Eine "vertane Chance" und "ganz, ganz schlechte Nachrichten für die Jungen" sieht Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger in der Steuerreform, die die Regierung am Sonntag präsentiert hat.
Das System werde dadurch weder einfacher noch gerechter, und die Steuerlast sinke auch nicht, sagte sie in einer Pressekonferenz am Dienstag. Ihre Partei fordert stattdessen die Abschaffung der kalten Progression, eine drastische Absenkung der Lohnnebenkosten und eine wirkungsvolle CO2-Bepreisung.
Sie beginnt mit einem Rechenbeispiel: Die Österreicher bekommen (je nach Region) 100 bis 200 Euro Klimabonus als Ausgleich für die CO2-Steuer, die pro Tonne 30 Euro kostet.
Für diese 100 Euro gingen sich 1.190 Liter Benzin aus, ohne dass man draufzahlt. "Der Staat subventioniert damit rund 20.000 Kilometer, die man mit dem Auto fahren kann", sagt die Neos-Chefin. Und für jene, die am Land leben und 200 Euro Klimabonus bekommen, seien es gleich doppelt so viele Kilometer. Ein Lenkungseffekt in Richtung Ökologisierung sei das nicht.
Dass hier noch dazu Wien benachteiligt werde und die ÖVP gezielt Stadt und Land gegeneinander ausspiele, stört Meinl-Reisinger: "Diese Spalterei halte ich für ganz, ganz, ganz problematisch", sagte sie. Gleichzeitig sei das Modell nichts anderes als ein Eingeständnis des Versagens der Regierungsparteien beim Infrastrukturausbau der letzten Jahrzehnte.
Im Modell der Neos würde die Tonne CO2 350 Euro kosten - das sei das einzig zukunftsfähige Konzept einer ökologischen Steuerreform, sagt die Neos-Chefin. Für sie stehe daher fest: "Es gibt nur noch eine Partei, die für die Jungen und das Klima eintritt, und das sind die Neos."
Die ÖVP und die Grünen hätten ihre Versprechen gebrochen: Unter anderem jenes, dass die Kalte Progression abgeschafft wird. Ein Mittelverdiener mit einem Brutto-Einkommen von 45.000 Euro brutto pro Jahr (das ist der Median in Österreich) habe durch die Kalte Progression in den vergangenen vier Jahren 1.600 Euro verloren. Körberlgeld für den Finanzminister.
"Wegelagerei"
Bei einer prognostizierten Inflationsrate von drei Prozent im kommenden Jahr dürfte das Körberlgeld in Summe eine Dreiviertelmilliarde ausmachen, rechnet die Neos-Chefin vor. "Diese Nicht-Abschaffung ist nichts als eine Belastung des Mittelstands in der Zukunft."
Karin Doppelbauer, pinke Budgetsprecherin, unterzog die Aussagen von Kanzler Sebastian Kurz einem Faktenchef: Dieser sagte, dass die Kalte Progression bisher nicht abgeschafft worden sei, weil dies hauptsächlich den Gutverdienern etwas bringen würde. "Das stimmt nicht", sagt Doppelbauer. Laut Wirtschaftsforschern seien es hauptsächlich die kleinen Einkommen.
Die angekündigte Tarifsenkung würde die Verluste durch die Kalte Progression jedenfalls nicht ausgleichen. "Das ist Wegelagerei", sagt die Budgetsprecherin. Zudem werde das ÖVP-Versprechen der Abgabensenkung nicht gehalten, und Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) habe keine Ahnung, wie die Reform gegenfinanziert werden solle.